Essen. Nils Landgren ist einer der erfolgreichsten Jazzer. Im März tritt er drei Mal in Dortmund auf. Wie er wurde, was er ist, verrät er im Interview.
Nils Landgren ist einer der erfolgreichsten Jazzer in Deutschland. Im März gastiert der 57-jährige Mann mit der roten Posaune in Dortmund. Der Schwede sprach mit Jürgen Overkott – auf Deutsch.
Unser Bild von Schweden ist sehr stark von den Wallander-Krimis geprägt. Erkennen sich Schweden da selbst wieder?
Nils Landgren: Eines vorweg: Meine Frau und ich wohnen im Wallander-Land.
Also in der Nähe von Ystad an der Südküste.
Landgren: Die Gegend heißt Österlen. Mit dem Auto nach Ystad ist es eine halbe Stunde. Alle kleinen Orte, die Mankell beschreibt, sind bei uns ganz in der Nähe. Meine Frau (Beatrice Järas, Red.) hat mal einen Wallander-Film für den NDR gemacht. Seitdem kann sie keine Wallander-Krimis mehr lesen. Ich glaube, sie hat in dem Film jemanden umgebracht. Also, wir haben zu Wallander eine ganz besondere Beziehung.
Wallander ist ein düsterer Typ.
Landgren: Ja, er ist nicht der Munterste. Aber ich bin mir sicher, dass die meisten Leute bei uns nicht so sind wie er. Aber was Mankell gut eingefangen hat, ist die Mentalität einer Kleinstadt.
In Deutschland gibt es noch ein anderes Schweden-Bild, das von Astrid Lindgren beeinflusst ist – Schweden, das große Bullerbü.
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Landgren: Ich bin mit Astrid Lindgren aufgewachsen. Astrid war ein ganz besonderer Mensch, nicht nur wegen ihrer Bücher, sondern auch als Privatperson. Für mich ist sie eine Art Heldin. Sie hat sich für Kinder eingesetzt und gegen Unrecht. Astrid ist gewissermaßen selbst ein Vorbild für ihre Figuren.
Welche Figur mögen Sie selbst am liebsten?
Landgren: Ganz klar: Pippi. Und Lotta aus der Krachmacherstraße. Und auch zu diesen Figuren haben wir eine besondere Beziehung. Meine Frau hat in den Verfilmungen der Bücher die Mutter von Lotta gespielt. Beide, Pippi und Lotta, sind Rebellinnen. Im Grunde sind alle Kinder-Figuren von Astrid ein bisschen rebellisch und haben sich gegen Unrecht eingesetzt.
Pippi hat etwas von einem Mädchen und zugleich auch etwas von einem Jungen.
Landgren: Ja, mag sein. Für mich ist wichtig, dass sie für ihre Freunde immer da ist und Mut hat. Sie lässt sich von den Großen nicht einschüchtern.
Sind Sie mit ihrer Frau schon mal gemeinsam aufgetreten?
Landgren: Immer wieder mal, zuletzt vor Weihnachten auf Schloss Elmau.
Sie haben zu Beginn Ihrer Karriere als Studiomusiker für Abba gearbeitet ...
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Landgren: ... auf dem Album „Voulez vous“. Ich bin auf dem Titelsong zu hören. Das ist der einzige Abba-Song mit Posaune.
In Deutschland sind Sie mit dem Album „Funky Abba“ bekannt geworden. Welche Idee steckte dahinter?
Landgren: Ich wollte einige der weltberühmten Songs von Benny Andersson und Björn Ulvaeus aufnehmen, aber auf meine Art und Weise. Es sollte funky klingen, ohne die Melodien kaputtzumachen. Ich habe vorher Benny um Erlaubnis gebeten, und er hatte kein Problem damit. Im Gegenteil: Er meinte, das klingt total verrückt, aber das kannst Du gerne machen – Abba war ja nie funky. Benny spielt sogar auf einem Stück mit.
Ihr Markenzeichen ist die rote Posaune. Wie kam es dazu?
Landgren: 1986 hat mich die Firma Yamaha gefragt, ob ich Lust hätte, Instrumente von ihnen zu spielen. Ich habe gesagt, das mache ich sehr gerne, nur müssen die Instrumente besser sein als die, die ich damals gespielt habe. Ich durfte selbst das Design machen, die Maße und alles, und wir haben gemeinsam die Farbe ausgewählt. Ich hatte damals natürlich noch keine Ahnung, dass das rote Instrument zu meinem Markenzeichen werden sollte.
Warum gerade rot?
Landgren: Rot ist die Farbe der Liebe.
Im März treten Sie gleich drei Mal in Dortmund auf ...
Landgren: ... die Idee stammt nicht von mir. Ich habe eine Einladung aus Dortmund bekommen, und ich fand das Projekt sehr reizvoll, nämlich mich in verschiedenen Formationen vorzustellen. Was ich mache, haben wir gemeinsam überlegt: unter anderem ein Auftritt mit (der Band) Funk Unit und der südafrikanischen Sängerin Lira, sie setzt sich übrigens für arme Kinder in ihrem Land ein und kämpft auch gegen Tuberkulose. Ich fand, die Zeit ist reif, sie auch mal in Deutschland vorzustellen. Wir machen einen Mix aus ihrem und aus unserem Repertoire.
Sie haben eine besondere Beziehung zu Südafrika.
Landgren: Ein befreundeter Arzt, der für die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ arbeitet, hat den Kontakt hergestellt. Wir haben erst in Kenia, in Nairobi, gearbeitet, und danach sind wir nach Südafrika gegangen. Wir gehen an Schulen und verschenken Instrumente. Zugleich sammeln wir Geld für „Ärzte ohne Grenzen“.
EXTRA
Die drei Nils-Landgren-Konzerte in Dortmund firmieren unter dem Etikett „Zeitinsel“. Am Freitag, 6. März, tritt der Posaunist mit Funk Unit und Lira auf, am Samstag, 7. März, mit einem Sinfonie-Orchester, und am Sonntag, 8. März, wird er von einer Big-Band begleitet.