Das Album „Live at Wembley Stadion“ bietet einen Mitschnitt des letzten der sechs Wembley-Konzerte: 25 Songs, darunter die nie zuvor auf Platte veröffentlichte und sehr emotionale Agnetha-Trennungs-Pianoballade „I’m still alive“.

Abba veröffentlicht ein neues Album. Dass „Live at Wembley Arena“ bereits vor 35 Jahren entstanden ist, stört dabei nicht weiter. Denn an eine Comebacktournee denken Annifrid Lyngstad, Agnetha Fältskog, Björn Ulvaeus und Benny Andersson nach wie vor nicht, wie letzterer jetzt in Stockholm ein weiteres Mal beteuerte.

Er muss ein bisschen aufpassen, was er sagt, der Benny Andersson. Speziell, wenn er sich vor einem Auditorium äußert, das aus europaweit eingeflogenen Journalisten – etwa 25 Personen, übrigens ohne Ausnahme Männer und überwiegend nicht mehr die allerjüngsten – besteht. „Wer weiß“, spekuliert er über die Kollegin Fältskog, „vielleicht bekommt sie nach ihrem Solo-Album vom vergangenen Jahr wieder Lust, live aufzutreten.“ Die launig dahingewitzelte Bemerkung „Tja, auch Abba müsste mal wieder auf Tour gehen, was?“ erhitzt den Raum dann kurz bis zur Siedetemperatur. Auch ein lächelnd nachgeschobenes „War nur ein Spaß, wirklich“, hilft nicht mehr viel.

„Ich bin selbst überrascht, dass wir so gut klingen“

Abba war ja schon in der großen Zeit keine sehr emsige Live-Band. Eine Tournee durch Europa und die USA, eine Australientournee, wenige Konzerte hier und da – mehr gab es in den acht Jahren zwischen dem Eurovision-Sieg mit „Waterloo“ 1974 und der Stilllegung 1982 nicht. „Ich bin selbst überrascht, dass wir so gut klingen“, sagt Benny. „Vielleicht waren wir live doch nicht so übel.“

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Benny Andersson, 67 Jahre alt und ein sympathisch wirkender Zausel mit schelmischem Lächeln und leiser Stimme, ist bei der Pressekonferenz im eigenen, 2011 eröffneten Studio nicht allein. Neben ihm steht sein Sohn Ludvig, 32. Er ist es, der sich durch die vielen Stunden von Tonspuren hörte, und sich am Ende dafür entschied, das letzte der sechs Wembley-Konzerte komplett zu verwenden. „Das war, als wenn man sich durch eine Schachtel mit alten Fotos der Eltern wühlt“, sagt er.

Was er dabei zutage gefördert hat? 25 perfekt, aber nicht zu perfekt (auf korrigierende Nachbearbeitungen haben die Anderssons diesmal im Gegensatz zu „Abba Live“ aus dem Jahr 1986 verzichtet) aufgenommene Live-Songs der bis dahin größten Abba-Hits. Naturgemäß fehlen die etwas später entstandenen Scheidungsdramen „The winner takes it all“ oder „The day before you came“. Dafür ist drauf: Die nie zuvor auf Platte veröffentlichte und sehr emotionale Agnetha-Trennungs-Pianoballade „I’m still alive“. „Wir spielen jetzt was für euch von Björns alter Freundin Agnetha“, so kündigte Andersson die Nummer damals in London an – er war halt schon immer ein Schalk.

Das „Benny Andersson Orkester“

Vater und Sohn arbeiten nun regelmäßig zusammen, gerade haben sie ihren ersten Film „The Circle“ fertiggestellt, der auf einem schwedischen Fantasy-Roman basiert und im Februar ins Kino kommt. Und auch als Musiker hat sich Andersson, der in Stockholm das coole „Hotel Rival“ besitzt, nicht aufs Altenteil zurückgezogen. Mit seinem 16-köpfigen „Benny Andersson Orkester“ spielt er pro Jahr mindestens zehn Konzerte. Die Platin-CD, die er für das 2011 erschienene Album „O Klang och Jubeltid“ erhielt, steht auf der Studio-Toilette.