Düsseldorf. Eigentlich ist Wählen einfach: In die Wahlkabine, Kreuzchen machen, Zettel falten, einwerfen. Aber was passiert, wenn ich zu spät komme, nicht schreiben kann oder meine kleinen Kinder dabei habe? Die Lösungen für solche Fälle kennt Jörg Rademacher vom Innenministerium NRW.
Ich muss dringend vor der Arbeit zur Wahl. Was passiert, wenn ein Wahllokal zu spät öffnet?
Jörg Rademacher: Die Regelwahlzeit dauert von morgens acht bis abends 18 Uhr. Darauf hat der Wähler grundsätzlich ein Recht. Öffnet das Wahllokal zu spät, wäre das ein Wahlmangel. Dann könnte der Wähler die Wahl anfechten. Das ist theoretisch möglich, wäre aber nur dann von Erfolg gekrönt, wenn dieser Fehler entscheidenden Einfluss auf den Wahlausgang hätte. Allerdings hat der Wähler ja auch noch die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt zu kommen.
Meine Oma kann den Stift nicht mehr halten und auch nicht schreiben. Darf sie jemanden zur Hilfe mit in die Wahlkabine nehmen?
Rademacher: Grundsätzlich darf nur der Wähler selbst hinein gehen und seine Stimme abgeben. Es ist auch die Aufgabe des Wahlvorstandes, darauf zu achten. Wenn jemand tatsächlich eine körperliche Beeinträchtigung hat, dann darf er eine Person bestimmen, die mit ihr zusammen wählt. Diese darf allerdings nur technische Hilfe wie Vorlesen geben und den Wähler nicht beeinflussen.
Ich finde keinen Babysitter und muss meine drei kleinen Kinder mit zur Wahl nehmen. Dürfen diese mit in die Wahlkabine?
Rademacher: Der Grundsatz ist der, dass nur der Wähler in die Kabine darf. Bei Kindern kann man natürlich eine Ausnahme machen. Es gibt kein festgelegtes Alter, bis zu dem sie mit hinein dürfen. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Person intellektuell erschließen kann, was gewählt wird. Wenn das der Fall ist, darf sie nicht mit hinein. Aber ein Säugling oder ein zweijähriges Kind dürfen mit rein. Die Verständigkeit ist nicht normiert, sie muss im Einzelfall entschieden werden. Es dürfen dann so viele Kinder mit in die Kabine, wie hineinpassen. Allerdings nur, wenn der ordnungsgemäße Ablauf der Wahl gewährleistet bleibt.
Smileys, Herzchen, Krickeleien: Ab wann wird der Wahlzettel ungültig?
Rademacher: Was auf jeden Fall nicht erlaubt ist, ist eine Meinungs- oder Willensäußerung wie ein Lob oder auch Kritik. Oder ein "Der Bürgermeister ist blöd".Das macht die Stimme ungültig. Bloße Verzierungen wären zulässig, so lange eindeutig bleibt, wie die Stimme abgegeben wurde. Man muss klar erkennen können, wie die Wahlentscheidung ist. Grundsätzlich sollte man Malereien aber ganz lassen.
Ich habe meinen eigenen Sichtschutz mitgebracht. Darf ich darin wählen?
Rademacher: Das geht nicht. Es gibt dafür eine bestimmte Norm, die laut Paragraph 35 der Kommunalwahlordnung gilt. Es muss Wahlzellen mit Tischen geben, in der jeder Wähler seinen Stimmzettel unbeobachtet kennzeichnen kann. Die Wahlzellen müssen vom Tisch des Vorstandes aus überblickt werden können.
Mein Nachbar lugt in meine Wahlkabine, was passiert jetzt?
Rademacher: Das ist ein Unding, wenn er das macht. Die Kabinen sollen ja eigentlich so abgeschirmt sein, dass niemand meine Stimmenabgabe beobachten kann. Das ist baulich so sicher gestellt. Da müsste der Nachbar schon viel anstellen, sich gar auf ein Höckerchen stellen, damit das technisch geht. Wenn der Wähler aber das Gefühl hat, beobachtet zu werden, dann kann er vom Wahlvorstand verlangen, dass der Beobachter das unterbindet. Wenn seine Stimme schon abgegeben wurde und er sich beeinträchtigt fühlt, kann er einen neuen Stimmzettel verlangen.
Mir ist es egal , dass andere meine Wahl sehen. Ich wähle in der Schlange vor der Wahlkabine!
Rademacher: Das kann man machen, aber der Wahlzettel wäre nicht gültig, er würde zurückgewiesen werden. Man kann dann einen neuen bekommen und ordentlich wählen.
Ich nehme ein Megaphon mit und mache im Wahllokal Werbung für meine Lieblingspartei. Werde ich rausgeschmissen?
Rademacher: Im Zweifelsfall ja. Denn man darf keine Wahlwerbung im Wahllokal machen. Der Wahlvorsteher hat dann laut Gesetz für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Er kann von seinem Hausrecht Gebrauch machen.
Was geschieht mit Wählern, die unter Drogen stehen und alkoholisiert sind?
Rademacher: Niemand bei uns wüsste, dass so ein Fall schon vorgekommen wäre. Da haben wir keine echte Erkenntnis drüber. Grundsätzlich gilt auch hier: Das Wahlgeschäft darf für andere nicht gestört werden. Ein Betrunkener kann zurückgewiesen werden, wenn er andere belästigt oder den Wahlvorgang stört. Dann kann wieder für Ruhe und Ordnung gesorgt werden. Trotzdem muss die Möglichkeit der Wahl garantiert werden, das ist ein hohes Gut. Auch ein Betrunkener oder unter Drogen Stehender soll von seinem Recht Gebrauch machen können. Eine Ablehnung wäre nur in ganz engen Grenzfällen zulässig.
Ich komme um kurz vor 18 Uhr, allerdings steht noch eine Schlange vor der Urne. Kann ich noch wählen?
Rademacher: Wenn man um punkt 18 Uhr im Wahllokal ist, darf man seine Stimme abgeben. Nach 18 Uhr darf keiner mehr rein. Dann wird abgeschlossen und alle, die sich noch drinnen befinden, können noch ihre Stimme abgeben.
Wenn ein Wahlzettel ungültig ist, wie wird er vernichtet?
Rademacher: Er wird so vernichtet, wie es die Möglichkeit zulässt. Beispielsweise kann er zerrissen, im Papierkorb verbrannt oder zerschreddert werden. Jedenfalls darf die Wahlentscheidung nicht mehr erkennbar sein. Das ganze muss wie alles andere auch unter dem Vier-Augen-Prinzip stattfinden. Der Wahlvorstand ist ja nie alleine im Wahllokal.
Was passiert, wenn ich mich verwählt habe?
Rademacher: Um es salopp auszudrücken: Wir machen es solange, bis es geklappt hat.
Was passiert bei der Stimmenzählung, wenn sich die Helfer uneinig darüber sind, was angekreuzt wurde?
Rademacher: Dann gibt es eine Mehrheitsentscheidung, es wird abgestimmt über die verschiedenen Möglichkeiten, die der Wahlzettel hergeben würde.
Jörg Rademacher ist Pressesprecher beim Innenministerium NRW.
Mehr Informationen zum Kommunalwahlrecht in NRW finden Sie hier.