Palma de Mallorca. Nach den Bombenanschlägen auf der spanischen Urlaubsinsel Mallorca hat sich die Lage wieder beruhigt. Die Botschaft der spanischen Behörden ist deutlich: Sie wollen den Attentätern mit Normalität begegnen. Mallorca will sich von der Eta nicht einschüchtern lassen.
Am Tag nach den Bombenattentaten auf Mallorca erinnert nicht mehr viel an den Terror im Ferienparadies. „Die Touristen gehen spazieren und fahren mit dem Fahrrad. Die Lage hat sich beruhigt“, beschreibt Holger Weber die Situation vor Ort. Er ist stellvertretender Chefredakteur der deutschsprachigen „Mallorca Zeitung“ - die Redaktion ist nur 500 Meter vom Ort des ersten Anschlags entfernt. „Wie sehen noch das Flatterband, aber die Polizeipräsenz ist nicht mehr so groß wie am Sonntag“, erklärt der Journalist.
Warnungen im Vorfeld
Am Wochenende sind auf Mallorca zwei Bomben explodiert. Ein dritter Sprengsatz wurde entschärft, und die Polizei durchsuchte ein Hotel nach einem möglichen vierten. Verletzt wurde niemand. Die baskische Untergrundorganisation Eta hat im Vorfeld vor den Anschlägen gewarnt.
„Die Botschaft der Behörden ist deutlich: Sie begegnen den Attentätern mit Normalität“, sagt Weber. Die Täter wollten nämlich nach seiner Ansicht „mit kleinen Bomben eine große Wirkung“ erreichen. „Die Eta galt lange als geschwächt. Offenbar hat sich die Organisation Mallorca bewusst als Ziel ausgesucht, um Stärke zu demonstrieren.“
Ob Spanien die Gefahr unterschätzt hat? Die Sicherheitsvorkehrungen an der Polizeikaserne im Ferienort Palmanova, an der Ende Juli zwei Polizisten bei einer Bombenexplosion starben, sollen eingeschränkt gewesen sein. „Die Wagen waren nicht sicher geparkt, und es gab keine Videokamera“, erklärt Holger Weber. Mallorca galt bislang nicht als bevorzugtes Ziel der Eta. Jetzt fahnden die Behörden nach den Tätern. „Rund 1600 Polizisten sind im Einsatz“, sagt Weber. Die Operation heißt „Käfig“. „Niemand kommt auf die Insel oder wieder herunter, ohne identifiziert worden zu sein.“
Touristen reagieren besonnen
Trotz der Attentate erwartet Prof. Karl Born, Experte für Tourismus und Terrorismus an der Hochschule Harz, keine nennenswerten Auswirkungen auf die Reisebranche der Ferieninsel. „Mallorca ist für viele Touristen wie Zuhause“, erklärt er. „Da herrscht schnell das Gefühl: ‚Da könnte mir ja überall etwas passieren.’“
Ausschlaggebend für das Verhalten der Touristen auf einen Anschlag ist nach Ansicht von Karl Born besonders die Reaktion der Medien. „Die Reisenden beobachten die Berichterstattung und sind natürlich besonders betroffen, wenn Deutsche unter den Opfern sind.“ Ein weiterer Faktor sei zudem die Auswirkung auf die Infrastruktur. „Das konnten wir nach dem Tsunami in Thailand beobachten“, erklärt Born. „Ein Großteil der Touristen ist unmittelbar nach dem Unglück abgereist.“
Spanische Behörden in der Kritik
Vor diesem Hintergrund kritisiert der Tourismusexperte die Reaktion der spanischen Behörden auf den Anschlag vom 30. Juli, bei dem zwei Polizisten starben. Während der ersten Fahndungsmaßnahmen nach den Tätern war der Flugverkehr vorübergehend eingestellt worden. „Das war total überzogen. So eine Reaktion schadet der Tourismusbranche“, betont Born. Erst nachdem die Insel abgeriegelt worden sei, habe der Anschlag so ein breites Medien-Echo gefunden.
TUI: „Gäste reagieren gelassen“
Rund 170.000 Urlauber halten sich nach Auskunft des Deutschen Reiseverbandes DRV momentan auf der spanischen Ferieninsel auf. Deutsche Veranstalter verzeichnen keine nennenswerten Auswirkungen auf die jüngsten Anschläge. „Der Informationsbedarf ist groß, aber die Gäste reagieren gelassen“, teilt Anja Braun mit, Sprecherin des Reisekonzerns TUI.
Für Irritationen sorgen die Aktionen der Eta im Ferienparadies aber allemal. Das Auswärtige Amt berichtet von einer Zunahme der Nachfragen. „Rund 90 Prozent der Anrufer bitten um Informationen zu Mallorca“, erklärt eine Sprecherin. Das Auswärtige Amt hat die Anschläge in seine Sicherheitshinweise aufgenommen, sieht allerdings zurzeit von einer Reisewarnung ab.
„Reisende werden gebeten, den Anweisungen der örtlichen Sicherheitsbehörden Folge zu leisten und sich umsichtig zu verhalten, insbesondere Menschenansammlungen zu meiden“, heißt es in einer Mitteilung. Konkrete Empfehlungen, ob Reisende nun Strände und Diskotheken meiden sollen, wollte das Auswärtige Amt am Montag nicht aussprechen. „Jeder Reisende sollte sich vor Augen führen, was passiert ist, und sich dementsprechend umsichtig verhalten“, so eine Sprecherin. „Wir möchten keine Panik verbreiten.“