Köln. .

In der ersten Live-Ausgabe von "X-Factor" musste vor allem Sarah Connor Federn lassen. Mit Boys II Hot und Soultrip fielen gleich zwei ihrer Schützlinge beim Publikum durch. Das Trash-Image kam bei den Zuschauern einfach nicht an.

Es herrscht Ausnahmezustand an diesem Abend in Köln-Ossendorf. Auf dem Gelände der MMC-Studios feiert das Privatfernsehen seine Goldadern: Comedy und Casting. RTL verleiht Preise an Mario Barth und Konsorten, zwei Türen weiter lädt Vox zur Endrunde von "X-Factor". Das jüngere Publikum steht vor Studio 50. Teenager mit bedruckten T-Shirts und komplexen Frisuren warten auf ihre Idole, die Kandidaten von "X-Factor".

Vor kurzem waren sie Klassenkameraden, Kommilitonen, Kollegen. Jetzt sind sie etwas anderes – Projektionsflächen. Sie erzählen vom Ausbruch aus der engen Wohnung, dem öden Job, der Patchwork-Familie. Das ist zumindest der Eindruck, den die Porträtfilmchen vermitteln. Zu jedem Kandidaten erzählt "X-Factor" eine Geschichte von brach liegendem Potenzial. Da ist der allein erziehende Vater, der immer Rockstar werden wollte, die BWL-Studentin, die ihr Fach nie mochte oder der Polizist, dessen wahre Leidenschaft das Singen ist. Was ihnen fehlte, war ein Henry Higgins. Bis jetzt.

Jeweils vier Kandidaten bzw. Bands nehmen die Mentoren unter ihre Fittiche. Bei der ersten Endrunde musste vor allem Sarah Connor Federn lassen. Gleich zwei ihrer Schützlinge fielen durch. „Boys II Hot“ scheiterten an einem schwer vermittel- und verstehbaren Image irgendwo zwischen Rick Astley und Eurotrash. Nur ein Jurymitglied konnte sich erwärmen. „Dass dieser Song wiederaufgelegt wird, find ich super“, jubelte Brönner und outete sich als vermutlich einziger Mensch in Deutschland, der auf eine Coverversion von Bros’ „When Will I Be Famous“ gewartet hat. Auch das zweite Boyband-Konzept wollte nicht aufgehen. Connors Team von Soultrip klangen eher nach Großraumdisco als nach Soul.

Andere machten’s besser

Gladys Mwachiti
Gladys Mwachiti © Vox

Da machten andere Auftritte schon mehr Spaß. Gladys Mwachitis stimmgewaltige Interpretation von Rihannas „California Kingbed“, zum Beispiel. Oder das Duett von BenMan, die wie eine durchdachtere Variante von Connors Boys II Hot wirkten. Selbst Passiv-Aggressiv-Kandidat Kassim stand seinen Song diesmal ohne Patzer durch. Vielleicht lag’s an der Entspannungstherapie im Vorfeld, vielleicht an massiver Familienunterstützung. Gleich 22 Karten hatte sein Onkel gekauft und einen Fanblock im Studio gebildet. Apropos Familienbande: Altkandidat Volker Schlag holte seine Verwandtschaft direkt auf die Bühne. Mit seinem Sohn am Klavier interpretierte er Herbert Grönemeyers „Halt mich“.

Ein ungewöhnliches Duett bilden auch Nica und Joe. Mit klassischem Operngesang fielen die beiden Kölner bei der Show ganz aus dem Rahmen. In der Zuschauergunst lagen sie an diesem Abend weit vorne. Vielleicht gibt es ihn doch, den "X-Factor".