Essen. . Für Selbstronie war Sarah Connors „X-Factor“ bislang nicht bekannt. Die Einladung von Rap-Satiriker „Das Bo“ war insofern keine schlechte Idee. Leider blieb der Hamburger als Neu-Juror farbloser als gedacht. „Das Bo“ wirkte bei seinem Debüt ein bisschen überfordert.
Was sie wohl sagen, daheim in Hamburg? Jetzt, wo Rap-Veteran "Das Bo" zur Hauptsendezeit in der Jury einer Castingshow sitzt? Vermutlich haben sie sich das Ganze ein bisschen anders vorgestellt. Subversiv vielleicht. „Das Bo“ neben Sarah Connor und Till Brönner. Kiezschnauze trifft Mainstream. Ja, das hätte komisch werden können. So richtig war es das nicht.
In Wahrheit wirkte "Das Bo" bei seinem Debüt als Casting-Juror ein bisschen überfordert. Dabei war die Grundidee nicht verkehrt. Wenn „X-Factor“ in der letzten Staffel etwas gefehlt hatte, dann waren es Ironie und Spontaneität. Die Rollen schienen festgefahren. Da war Produzent George Glueck als tougher Branchenveteran. Dann Connor als überemotionalisierte Tränenfontäne. Und schließlich Till Brönner, der das Kunststück fertig bringt, selbst beim Erzählen von Witzen noch humorlos zu wirken. Kurzum: Jemand wie "Das Bo" wurde dringend gebraucht.
"Das Bo" über weite Strecken farblos
Dass die Besetzung nicht aufging, hatte auch mit den Kandidaten zu tun. Und mit der (ehrenwerten) Einstellung des neuen Jury-Mitglieds, sich nicht auf Kosten Fellwesten tragender Teenager und liebeskranker Russinnen zu produzieren. So blieb "Das Bo" über weite Strecken farblos. Erst als ein österreichischer Beatboxer namens „Fii“ die Bühne betrat, taute der Hamburger auf und steuerte spontan ein paar Rap-Zeilen bei. Da wachte auch das Publikum auf. Und mit ihm die ganze Sendung.
Nicht, dass es zuvor nur schwache Beiträge gegeben hätte. Da war, zum Beispiel, Kandidatin Gladys, die optisch und stimmlich jeden Gospelchor vorantreiben könnte. Bei soviel Emotionen hielt es "Das Bo" hinter dem Jury-Tisch nicht mehr aus. Was folgte, war ein Paartanz der leicht aufdringlichen Sorte. Kandidatin Gladys nahm es gelassen: „Lass dich erst mal abtupfen,“ riet sie dem schwitzenden Verehrer backstage.
Wohltuende Normalität aus Marl
Zwischendurch tauchte ein universelles Castingshow-Mysterium auf – die Frage nämlich, warum sich die Teilnehmer mit dem geringsten Gesangstalent grundsätzlich Whitney Houstons „I Will Always Love You“ aussuchen, als wollten sie die Stimmeskalation noch forcieren. In diesem Fall war es Kandidatin Olga, die mit dem Schmachtfetzen noch ein weiteres Ziel verfolgte – via TV-Auftritt eine verschollene Liebe namens Wladimir wiederzufinden. Ob der jetzt noch will, sei mal dahingestellt.
Aus Freakhausen stammte auch Zahnspangen- und Fellwestenträger Mikael, der den Stimmbruch noch nicht ganz überwunden zu haben schien. Wen er da genau interpretierte, war entsprechend schwer zu erraten. Als Zugabe folgte ein – zum Glück gesangsfreier – Bauchtanz. Bei soviel Seltsamkeit war man froh über die Darbietung von Kandidat Martin, dessen schiere Normalität in Sendungen wie „X Factor“ (von DSDS und Popstars ganz zu schweigen) eine Seltenheit ist. Der Gymnasiast aus Marl sang von der „Mad World.“ Um ihn herum, vermutlich.