Washington. Offiziell wird die vorläufige Beilegung des Streits um den US-Haushalt international begrüßt. Allerdings sind noch viele Fragen und die konkrete Umsetzung offen

Kurz vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit der USA haben sich Demokraten und Republikaner im Streit um die Anhebung der Schuldenobergrenze zusammengerauft. Präsident Barack Obama verkündete am Sonntagabend, dass die Parteispitzen eine Rahmenvereinbarung getroffen hätten, die Kürzungen in Billionenhöhe vorsieht. Finanzmärkte und Ausland reagierten erleichtert, doch der Kompromiss muss noch vom Kongress verabschiedet werden.

Die Verhandlungen hätten "viel zu lange gedauert", sagte Obama. "Trotzdem haben die Führer beider Parteien letztlich den Weg zum Kompromiss gefunden." Noch am Montag könnten der von den Demokraten geführte Senat und das republikanisch dominierte Repräsentantenhaus über das Paket abstimmen. Das Finanzministerium hatte berechnet, dass am Dienstag das Schuldenlimit von bislang 14,3 Billionen Dollar (rund zehn Billionen Euro) endgültig erreicht sein würde. Die USA hätten damit keine neuen Schulden aufnehmen können und wären zahlungsunfähig.

Lösung im Ausschuss oder per Rasenmäher

Kern der Einigung ist eine zweistufige Anhebung der Schuldengrenze um mindestens 2,1 Billionen Dollar, an die Kürzungen von mehr als 2,4 Billionen Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren gekoppelt sind. Damit reicht der Spielraum bei der Aufnahme neuer Kredite wie von Obamas Demokraten gefordert bis in die Zeit nach der Präsidentschaftswahl im November 2012.

Der Kompromiss sieht vor, dass der Staat bei Kürzungen in Höhe von gut 900 Milliarden Dollar zunächst im ungefähr gleichen Umfang neue Schulden aufnehmen darf. In einem zweiten Schritt soll ein überparteilicher Kongressausschuss dann als Voraussetzung für eine weitere Anhebung des Schuldenlimits bis zum 23. November Empfehlungen über Einsparungen in Höhe von rund 1,5 Billionen Dollar erarbeiten. Sollten diese bis Ende des Jahres nicht vom Kongress verabschiedet werden, würden die Ausgaben nach dem Rasenmäher-Prinzip in allen Bereichen automatisch heruntergefahren.

Tea-Party kündigt Widerstand an

Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, sagte, er sei "erleichtert", dass die Chefs beider Parteien sich "zum Wohl unserer Wirtschaft" angenähert hätten. Um die Einigung umzusetzen, bedürfe er der Zustimmung von Demokraten und Republikanern in beiden Kongresskammern. Der Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, sagte, er hoffe, den Kompromiss "so schnell wie möglich" zu verabschieden.

Beide Parteien hatten sich in der wochenlangen Streit erbittert gegenüber gestanden. In dem nun vorgelegte Kompromiss verhinderten die Republikaner, dass Steuererhöhungen für Reiche als Teil der Haushaltssanierung festgeschrieben werden. Außerdem konnten sie eine Abstimmung über eine Verfassungsänderung durchsetzen, die künftige Regierungen zu einem ausgeglichenen Haushalt verpflichten soll. Die Demokraten rangen den Republikanern ab, das auch im Verteidigungsbudget heftig gespart wird: Im kommenden Jahrzehnt sollen die Militärausgaben um mindestens 350 Milliarden Dollar sinken.

Sowohl vom linken Flügel der Demokraten als auch von der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung bei den Republikanern kam Kritik. Die Tea-Party-Führerin im Repräsentantenhaus, Michele Bachmann, kündigte bereits an, gegen die Einigung der Parteispitzen zu stimmen.

Am den Finanzmärkten wurde der Kompromiss erleichtert aufgenommen.

Die Eckpunkte des Kompromisses im Überblick

* Der Vorschlag ermöglicht es Präsident Obama, die Schuldenobergrenze von derzeit 14,3 Billionen Dollar in drei Schritten zu erhöhen. Der Kongress hätte die Möglichkeit, bei zwei Schritten seine Ablehnung zum Ausdruck zu bringen. Für eine Blockade müssten das Repräsentantenhaus und der Senat aber je eine Zwei-Drittel-Mehrheit zusammenbekommen, was äußerst unwahrscheinlich ist.

* Der Kompromiss sieht Ausgabenkürzungen auf Bundesebene von rund 2,4 Billionen Dollar in den kommenden zehn Jahren vor, die der Kongress in zwei Schritten beschließen soll. Davon sollen 917 Millionen Dollar an Einsparungen sofort in Kraft treten, wenn der Deal beide Kammern im Kongress passiert. Die übrigen 1,5 Billionen Dollar an Kürzungen sollen bis Ende des Jahres ausgehandelt werden.

* Die erste Runde an Kürzungen betrifft die Teile des Bundeshaushalts, über die der Kongress jedes Jahr abstimmt. Sie reichen von Mitteln für Rüstungsprojekte bis hin zu Ausgaben zur Lebensmittelkontrolle. Die ersten Kürzungen sollen noch moderat ausfallen, um die Konjunktur nicht abzuwürgen. Über die nächsten zehn Jahre fallen die Einschnitte dann aber immer größer aus.

* Von den insgesamt 917 Milliarden Dollar an Einsparungen entfallen etwa 350 Milliarden Dollar auf den Rüstungsetat sowie weitere Posten für die Sicherheit. Die Republikaner lehnen dies eigentlich ab. Der Punkt bleibt einer der umstrittensten.

* Ein Kongress-Ausschuss, der mit jeweils sechs Vertretern beider Parteien besetzt sein wird, soll sich bis Ende des Jahres auf Details der zweiten Runde von Kürzungen verständigen. Dies dürfte eine Steuerreform und eine Überprüfung der Sozialprogramme wie Medicare einschließen. Beide Felder sind umstrittenen. Auch nach wochenlangen Verhandlungen konnten sich Demokraten und Republikaner hier nicht auf eine Linie einigen.

* Falls der Kongress sich bis zum 23. Dezember nicht auf die zweite Runde von Kürzungen verständigen sollte, treten ab 2013 automatisch weitere Einschnitte in Kraft. Diese würden Militär- und Sozialausgaben gleichermaßen betreffen. (rtr/afp)