Nach heftiger Kritik verzichtet die FDP-Politikerin auf die Position, für die sie nach der Aberkennung ihrer Doktorarbeit wegen Plagiatsvorwürfen auch nach Einschätzung von Parteikollegen nicht unbedingt geeignet schien.
Angesichts der heftigen Kritik an ihrer Ernennung zum Vollmitglied des Forschungsausschusses des EU-Parlaments hat die FDP-Abgeordnete Silvana Koch-Mehrin angekündigt, ihren Sitz in dem Ausschuss aufgeben zu wollen. Sie habe den Fraktionsvorsitzenden der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, Guy Verhofstadt, den FDP-Vorsitzenden im Europaparlament, Alexander Graf Lambsdorff, sowie den FDP-Parteivorsitzenden, Philipp Rösler, über ihre Absicht informiert, in einen anderen Ausschuss wechseln zu wollen, teilte ihr Büro am Samstag mit.
Koch-Mehrin hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass sie als Vollmitglied in den Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie entsandt worden sei. Dies hatte auch innerhalb ihrer eigenen Partei für heftige Kritik gesorgt. So hatte der FDP-Bildungsexperte Heiner Kamp am Samstag den Schritt in der Zeitung "Die Welt" als "instinktlos" bezeichnet. Auch die Allianz der großen Wissenschaftsorganisationen in Deutschland kritisierte den Schritt. Der FDP-Politikerin war in der vorherigen Woche von der Universität Heidelberg ihr Doktortitel wegen massiver Plagiate aberkannt worden.
Zuvor war Koch-Mehrin stellvertretendes Mitglied des Ausschusses, der sich mit Fragen der Industrie- und Energiepolitik in Europa befasst, aber eben auch mit der „Verbreitung und Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse“, wie es auf der Homepage des Europäischen Parlaments heißt. Sie hatte dann die Position mit ihrem Kollegen Jorgo Chatzimarkakis getauscht, der bislang Vollmitglied des Gremiums war. Auch er steht unter Plagiatsverdacht.
Plagiate auf 80 Seiten
Koch-Mehrin war der Doktortitel vergangene Woche aberkannt worden, nachdem eine Kommission der Universität eine Vielzahl von Plagiaten nachgewiesen hatte. Zur Begründung hieß es, dass auf etwa 80 Seiten der Arbeit mit dem Titel „Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik: Die Lateinische Münzunion 1865 - 1927“ über 120 Stellen seien, die als Plagiate bewertet worden seien. Die Textstellen stammten aus mehr als 30 verschiedenen Publikationen, von denen Koch-Mehrin zwei Drittel nicht im Literaturverzeichnis ihrer Dissertation aufgeführt habe.
Auch Chatzimarkakis wird vorgeworfen, in seiner Doktorarbeit abgeschrieben zu haben. Die Plagiatsfahnder von „VroniPlag“ wollen auf 21,58 Prozent der Seiten von Chatzimarkakis“ Doktorarbeit Plagiate gefunden haben. Der Fakultätsrat der Universität Bonn will in der kommenden Woche entscheiden, ob Chatzimarkakis die Doktorarbeit gemäß der damals geltenden Promotionsordnung verfasst hat. (dapd)