Brüssel. Silvana Koch-Mehrin will auf jeden Fall an ihrem Abgeordneten-Mandat im EU-Parlament festhalten. So wie es aussieht, wird es dort keine “Weg-mit-ihr!”-Bewegung geben. Nach Silvana Koch-Mehrin droht zwei weiteren FDP-Politikern die Aberkennung ihres Doktortitels. Die Unis Bonn und Köln prüfen Plagiatsvorwürfe gegen den Europa-Abgeordneten Jorgo Chatzimarkakis und gegen den Bundestagsabgeordneten Bijan Djir-Sarai.

Selbst der CDU-Mann Werner Langen, sonst nicht schüchtern beim Angriff auf Koch-Mehrin, hält sich zurück: „Ich gehe davon aus, dass die neue FDP-Führung die notwendigen Schritte veranlassen wird”, sagt der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe in der Straßburger Volksvertretung.

Im Klartext: FDP-Chef Philipp Rösler soll der Parteifreundin den Abgang nahelegen. Als vor Wochen der Plagiatsverdacht gegen Koch-Mehrins Doktorarbeit auftauchte und die Kölnerin daraufhin ihre Führungsämter in Partei und Parlament niederlegte, hatte Langen die Rückgabe des Mandats gefordert.

Das tut jetzt nurmehr der Linken-Abgeordnete Jürgen Klute: Nach Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg sei „der so genannten Leistungselite ein weiteres illustres Mitglied abhanden gekommen. Frau Koch-Mehrin sollte nun endlich ihren Sitz im Europäischen Parlament abgeben“, verlangt Klute. Vom europäischen Chef-Linken Lothar Bisky sind solche Töne nicht zu hören, genauso wenig aus dem Lager der Sozialdemokraten, der Grünen oder der Christdemokraten. Warum eigentlich nicht? Auf die Frage gibt es wie abgesprochen eine Formulierung, derer sich unter anderem Martin Schulz, Chef der sozialistischen Fraktion, bedient: Man trete keinen, der schon am Boden liege. Eine Rolle spielt zudem das wachsende Unbehagen vieler Europaabgeordneter, promoviert oder nicht, über die Plagiatshatz im Internet.

Im Europaparlament gilt die Aufmerksamkeit nun dem Prüfverfahren zur Doktorarbeit von Koch-Mehrins Fraktionskollegen Jorgo Chatzimarkakis durch die Uni Bonn. Auch dem FDP-Bundestagsabgeordneten Bijan Djir-Sarai droht die Aberkennung des Doktortitels. Hier prüft die Uni Köln.

Schlammschlacht um die Aberkennung des Doktortitels

Silvana Koch-Mehrin (FDP) will die Aberkennung ihres Doktortitels durch die Uni Heidelberg nicht akzeptieren. Doch die Hochschule lässt die Kritik der Politikerin hart abprallen. Der Streit ist inzwischen eine offene Schlammschlacht. Koch-Mehrin hatte behauptet, sämtliche Schwächen ihrer Doktorarbeit seien den Prüfern schon vor elf Jahren bekannt gewesen. „Absurd“ nennt dies der Vorsitzende des Promotionsausschusses, Dekan Manfred Berg, der die Plagiats-Vorwürfe gegen Koch-Mehrin überprüft hat.

„Aus den Gutachten zu ihrer Doktorarbeit geht hervor, dass Plagiatssvorwürfe damals keine Rolle spielten. In der Arbeit wurden formale und inhaltliche Schwächen festgestellt, die üblicherweise in Dissertationen vorkommen. An keiner Stelle äußerten die Gutachter den Verdacht, dass in der Dissertation Plagiate vorkommen“, sagte Berg dieser Zeitung.

Der Professor kontert auch die Behauptungen der 40-Jährigen, ihr sei im Laufe des Verfahrens von der Uni kein Täuschungsvorwurf gemacht worden, und sie habe keine Akteneinsicht gehabt. „Der Begriff Täuschung wurde von uns nie verwendet, weil er für den Titel-Entzug rechtlich ohne Belang ist. Wir haben Frau Koch-Mehrin offiziell darüber in Kenntnis gesetzt, dass es Plagiatsvorwürfe gibt und dass ihr der Entzug des Doktortitels droht. Seit Anfang Mai hatte sie durchgängig Einsicht in die Arbeitsergebnisse des Ausschusses.“ Man habe sie aufgefordert, Stellung zu nehmen, und das habe sie auch getan.