Stuttgart. . Gegner des umstrittenen Bahnprojekts „Stuttgart21“ haben am Montagabend die Baustelle gestürmt und besetzt. Die Polizei drängte sie von der Baustelle. Dabei wurden neun Beamte verletzt und mehrere Demonstranten festgenommen. Der Protest geht weiter.
Der Konflikt um „Stuttgart 21“ ist erneut eskaliert. Im Anschluss an die traditionelle Montagsdemonstration gegen das Bahnprojekt stürmten mehrere Demonstranten die Baustelle am Grundwassermanagement. Neun Polizisten wurden dabei verletzt. Einsatzkräfte nahmen mehrere Aktivisten fest. Nachdem sich der Großteil der Demonstranten freiwillig zurückgezogen hatte, drängte die Polizei kurz nach Mitternacht die verbliebenen Protestierenden von dem Gelände.
Die Aktion war offenbar eine Reaktion auf die Fortsetzung der Bauarbeiten. Am Montag war damit begonnen worden, Stützen zu installieren, auf denen ein 17 Kilometer langes Rohrsystem von der Baugrube zu den sogenannten Versickerungsbrunnen montiert werden soll.
Friedliche Demonstration eskalierte
Bei der traditionellen Montagsdemonstration protestierten zunächst rund 3.000 Menschen friedlich gegen „Stuttgart 21“. Auf der Kundgebung kritisierten die Projektgegner insbesondere, dass für die geplante größere Entnahme von Grundwasser noch keine Genehmigung vorliege. Am Dienstag wollte der BUND in einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart einen Baustopp erwirken.
Im Anschluss zogen laut Polizei rund 1.500 Demonstranten weiter zum Gelände des Grundwassermanagements. Aktivisten hätten den Bauzaun niedergerissen und das Gelände gestürmt. Bei allen Baufahrzeugen sei Luft aus den Reifen gelassen worden, ferner seien sie mit Anti-“Stuttgart 21“-Stickern beklebt worden.
Polizei räumt Baustelle
Durch die Explosion eines Sprengkörpers erlitten laut Polizei acht Beamte ein Knalltrauma. Alle seien in ein Krankenhaus gebracht worden. Darüber hinaus sei ein Zivilpolizist bei der Kontrolle eines Demonstranten von mehreren Menschen brutal zusammengeschlagen worden. Er werde mit schwerer Kopf- und Gesichtsverletzungen ebenfalls in einem Krankenhaus behandelt. Angaben zu verletzten Demonstranten konnte die Polizei nicht machen. Auch die Schadenshöhe war zunächst unklar. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz, schritt aber zunächst nicht ein.
Nachdem zuvor Aktivistensprecher die Projektgegner auf der Baustelle zum „solidarischen Verlassen“ des Geländes aufgefordert hatten, schrumpfte die Zahl von mehreren Hundert auf einige wenige. Kurz nach Mitternacht räumte die Polizei in einer Kette das Gelände. Dabei blieb es friedlich. Mit einem Gitter wurden die gesamte Straße abgesperrt.
„Stuttgart 21“-Sprecher Wolfgang Dietrich kritisierte die Aktion als „nur noch kriminell“. Eine solche Besetzung lasse sich nicht mehr mit dem Demonstrationsrecht rechtfertigen, sagte er der Nachrichtenagentur dapd.
„Widerstand lebt“
Die Verantwortung für die erneute Eskalation sieht der Projektsprecher bei der grün-roten Landesregierung. „Es ist die Aufgabe der Regierung, einen Beitrag zur Deeskalation zu leisten“, betonte Dietrich. So müsse deutlich gemacht werden, dass die Deutsche Bahn das Recht zum Bauen habe.
Die Initiative „Parkschützer“ dagegen wertete die Besetzung der Baustelle als wichtiges Signal. „Es ist ein Zeichen, dass der Widerstand lebt“, sagte „Parkschützer“-Sprecher Matthias von Herrmann. (dapd)