Stuttgart. .

Baden-Württemberg soll nach den Worten von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zu einem „Modell ökologisch orientierten Wirtschaftens“ in Deutschland werden. In seiner ersten Regierungserklärung rief Kretschmann am Mittwoch sowohl die Bürger als auch die Opposition zur Mitarbeit bei diesem Ziel auf. Er versuchte zugleich, Sorgen vor allem in der Automobilindustrie wegen seiner grün-roten Koalition zu zerstreuen.

Der 63-Jährige war am 12. Mai als erster Grünen-Politiker zum Regierungschef eines Bundeslandes gewählt worden. In seiner rund 75-minütigen Regierungserklärung im Stuttgarter Landtag versprach Kretschmann eine solide Finanzpolitik sowie „Bildungs- und Aufstiegschancen für alle“. Baden-Württemberg solle zudem ein „Musterland guter Arbeit“ werden.

Die Aussprache im Landtag zu der Regierungserklärung ist erst am Donnerstag (26. Mai). Die Opposition kritisierte jedoch bereits am Mittwoch den Auftritt von Kretschmann als „unkonkret“ und „schwammig“. Der stellvertretende Regierungschef Nils Schmid (SPD) wies die Attacken zurück.

Kretschmann sagte, seine Regierung stehe für eine „neue Gründerzeit“, die auch den Weg zu den Arbeitsplätzen der kommenden Jahrzehnte weise. Trotz der erwarteten Veränderungen etwa bei der Produktion von Autos gebe es „keinen Grund zur Panik“. Es solle eine „neue und tragfähige industrielle Basis“ für die Wirtschaft in Baden-Württemberg geschaffen werden.

„Keine politische Revolution“

Kretschmann betonte: „Baden-Württemberg steht keine politische Revolution bevor, sondern eine ökologisch-soziale Erneuerung. Die braucht es allerdings!“ Das Leitmotiv der Politik der grün-roten Koalition in den nächsten fünf Jahren laute: „Verantwortung für Nachhaltigkeit und Erfolg durch Nachhaltigkeit.“

Kretschmann bekräftigte zudem, seine Regierung werde sich auf Bundesebene für einen beschleunigten Atomausstieg einsetzen. Auch die Kernkraftwerke Neckarwestheim I und Philippsburg I müssten dauerhaft stillgelegt werden. Ziel sei es zugleich, die erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2020 zu einer zentralen Säule der Stromerzeugung zu machen.

Auf das umstrittene Bahnprojekt „Stuttgart 21“, das die SPD im Gegensatz zu den Grünen befürwortet, ging Kretschmann nur kurz ein. Er betonte, dieses Thema bleibe kontrovers. Die Koalition habe sich jedoch auf ein gemeinsames Verfahren geeinigt und werde sich „daran halten“. Geplant ist eine Volksabstimmung über die Zukunft von „Stuttgart 21“

Kretschmann verteidigt Anstieg der Grunderwerbsteuer

Der Ministerpräsident verteidigte das Vorhaben der Landesregierung, die Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 5 Prozent anzuheben. Mit dem Geld solle die Kinderbetreuung und die frühkindliche Bildung ausgebaut werden.

Der Grünen-Politiker nannte es mit Blick auf die schwarz-gelbe Vorgängerregierung ein „Armutszeugnis“, dass in Baden-Württemberg immer noch die soziale Herkunft so sehr über den Bildungserfolg entscheide. Außerdem stehe das Land „vor einem gewaltigen Schuldenberg“. Notwendig sei nun eine große Kraftanstrengung, um die Finanzen wieder auf einen soliden Pfad zu bringen.

CDU-Fraktionschef Peter Hauk kritisierte, in der Regierungserklärung sei „viel Poesie und wenig Konkretes“ gewesen. Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte, es sei nicht erwähnt worden, wo die Regierung künftig sparen wolle. Finanz- und Wirtschaftsminister Schmid lobte dagegen Kretschmanns Auftritt als „gelungen“. Der SPD-Politiker berichtete, es habe vorher eine enge Abstimmung mit dem Ministerpräsidenten über den Text gegeben. (dapd)