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Wegen der illegalen Verbreitung von Filmen und Serien sind die Betreiber der Internetseite Kino.to am Mittwoch festgenommen worden. Vier Millionen Nutzer stehen jetzt vor der Frage, ob auch sie etwas von der ermittelnden Generalstaatsanwaltschaft Dresden zu befürchten haben. Rechtsanwalt David Börner von der Essener Kanzlei Ruhrrecht klärt auf.

Was muss ein Kino.to-Nutzer jetzt von den Behörden erwarten?

Börner: Ich gehe nicht davon aus, dass sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auf die Konsumenten ausweiten werden. Dafür gibt es zu viele Hürden – sowohl auf technischer Seite, als auch durch die unklare Rechtslage und das mangelnde Interesse an den ‚kleinen Fischen’.

Inwiefern ist die Rechtslage denn unklar?

Börner: Ohne Frage ist die Plattform verboten, weil sie geschützte Filme öffentlich zugänglich gemacht hat. Für die Nutzer ist das Herunterladen von Filmen illegal, die einer rechtswidrigen Quelle entstammen. Das so genannte Streaming, ohne Zwischenspeicherung der Filme, ist eine rechtliche Grauzone. Dabei sieht man sich den Film nur an, und das bloße Anschauen wird vom Urheberrecht nicht erfasst. Aus meiner Sicht spricht viel für die Zulässigkeit des Streamings, und die Gegenauffassung scheint mir sehr vom Ergebnis her gedacht zu sein - wer ein Interesse an der Strafbarkeit hat, der wird auch juristische Argumente dafür finden. Nicht alle Player, die auf Kino.to eingesetzt wurden, betreiben aber echtes Streaming. Der Divx-Player zum Beispiel speichert die Daten nicht nur vorübergehend auf der Festplatte, so dass man hier nicht mehr wirklich von Streaming sprechen kann.

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Von DerWesten

Was wird die Staatsanwaltschaft also tun?

Börner: Es handelt sich hier um so genannte Antragsdelikte. Das heißt, von der Staatsanwaltschaft ist in einfachen Fällen nichts zu erwarten, so lange die Rechteinhaber keinen Antrag zur Strafverfolgung stellen. Für so unvernünftig halte ich die Industrie nicht, da dies auch mit einem enormen Aufwand für die Strafverfolgungsbehörden verbunden ist. Rechteinhaber und Staatsanwaltschaft können ihr Ziel effektiver erreichen, wenn sie bei der Quelle, also bei Kino.to, ansetzen.

Was passiert, wenn die Industrie diese Anträge doch stellen sollte?

Börner: Viel wahrscheinlicher ist, dass die Industrie mit Abmahnungen, Unterlassungserklärungen und Schadenersatzforderungen vorgeht, anstatt strafrechtlich vorzugehen. Wenn es um den bloßen Konsum geht, ist das ein einfach gelagerter Fall. Für den Nutzer dürften in diesem Fall Abmahnkosten in Höhe von maximal 100 Euro entstehen. Der Schadenersatz könnte sich am Preis einer DVD oder eines Kinobesuchs orientieren. Bei mehrmaliger Nutzung addiert sich das aber natürlich zu einem höheren Betrag.

Ist die Staatsanwaltschaft denn jetzt automatisch im Besitz der Daten aller Nutzer?

Börner: Die Daten der Staatsanwaltschaft dürften nicht sehr weit zurück reichen. Die Zugriffe und IP-Adressen werden gegebenenfalls zwar von der Website protokolliert. Bei der Menge an Zugriffen werden sich die Betreiber aber nicht mit Daten überladen. Kino.to versprach aber meines Wissens, dass überhaupt keine Daten gespeichert werden. Wenn die Daten von einem Monat gespeichert sind, ist das vermutlich schon hoch gegriffen. Außerdem hat Kino.to auch viel auf andere Server verlinkt. Wenn diese Server nicht beschlagnahmt wurden, endet dort die Kette. Außerdem dürfen nach dem Telekommunikationsgesetz die IP-Daten bei den Internetanbietern wie der Telekom nur kurzfristig zu Abrechnungszwecken und zur Missbrauchsbekämpfung gespeichert werden.

Was ist Ihr Fazit für besorgte Nutzer?

Börner: Überhaupt Angst haben muss wohl nur, wer in letzter Zeit die Plattform besucht, vor allem aber wer das Netzwerk unterstützt hat. Möglicherweise auch, wer Filme herunter geladen hat, dem können grundsätzlich eine Abmahnung und Schadenersatz drohen. Das halte ich aber für unwahrscheinlich. Deshalb besteht für die meisten erstmal kein Grund zur Panik.