Essen. . Der katholische Ärzteverband will Homosexuelle umpolen – mit Homöopathie und Psychotherapie. Der Lesben- und Schwulenverband NRW ist empört und warnt vor der Gefahr solcher Heilungs-Versprechen.

Gero Winkelmann sieht sich als Vorreiter, als einer, der ein „heißes Eisen“ anpackt. Er sage, was viele Ärzte, Therapeuten und Geistliche denken, aber sich nicht getrauen auszusprechen. Das glaubt er zumindest. In Wirklichkeit jedoch katapultiert er die Medizin in die 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück, in eine Zeit, als Homosexualität oftmals noch mit großer Scham behaftet war. Auf der Internetseite des Bundes Katholischer Ärzte (BKÄ) verspricht Winkelmann „Heilung von homosexuellen Neigungen“.

Psychotherapie soll helfen, aber auch Seelsorge und Homöopathie. Überhaupt sei Hilfe für Schwule und Lesben unbedingt notwendig, findet Winkelmann. Den BKÄ, dem laut eigenen Angaben 40 Aktive und rund 300 Unterstützer in ganz Deutschland angehören, würden immer wieder Hilferufe erreichen, vor allem von Familienvätern, beteuert Winkelmann. Zudem gebe es bei Homosexuellen eine höhere Rate von Selbstmord, Scheidung und Eifersucht. Belege hierfür kann er nicht nennen. Dennoch lautet die Mission der katholischen Ärzte: „Wir wollen die Not homosexueller Menschen lindern.“

„Für junge Schwule hochgefährlich“

Doch bei den vermeintlich Leidenden erntet der katholische Arzt vor allem Empörung. „Dieses Therapie-Angebot ist eine Zumutung“, sagt Klaus Jetz, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes in NRW. „Homosexualität ist eine natürliche Facette des menschlichen Zusammenlebens. Nicht wir Schwulen und Lesben müssen behandelt werden, sondern diejenigen, die immer noch Angst vor uns haben.“ Für Jetz steht fest: Dahinter steckt verbrämte Homophobie.

Für den Lesben- und Schwulenverband sind solche Aktionen nicht neu. Auch fundamentalistische Christen-Vereinigungen wie „Campus für Christus“ oder „Wüstenstrom“ würden immer wieder an Universitäten für Seminare werben, bei denen Homosexuelle umgepolt werden sollen. „Gerade für junge Menschen, die mitten im Coming-Out stecken, kann das hochgefährlich werden“, warnt Jetz. Ihnen werde vermittelt: So wie ihr empfindet, ist das nicht in Ordnung. Im Extremfall könne das die Betroffenen sogar in den Selbstmord treiben.

Arzt vergleicht Schwule mit Verkehrssündern

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Winkelmann hält dagegen: Niemand solle stigmatisiert oder abgestempelt werden. „Homosexualität sei keine Erkrankung“, versichert er. Er spricht lieber von einer „sexuellen Charakterstörung“. Und die sei durch Naturheilverfahren behandelbar. Winkelmann beruft sich dabei auf Samuel Hahnemann, den Begründer der Homöopathie, der im 19. Jahrhundert lebte.

Und er setzt noch einen drauf: Schwule seien häufiger von sexuellen Krankheiten betroffen und trügen daher ein erhöhtes Gesundheitsrisiko. „Warum können wir nicht vor der Auslebung dieser Neigung warnen. Wir warnen doch die Menschen auch davor, bei Rot über die Ampel zu fahren.“ Und Winkelmann bleibt im Bild des Verkehrssünders. „Ich bin das Radarsystem“, sagt er.

Homosexualität aus Katalog der Krankheiten gestrichen

Dass der katholische Ärzteverband mit seiner Meinung in Mediziner-Kreisen ziemlich alleine dasteht, dessen ist sich Winkelmann durchaus bewusst. „Eine Mehrheit der Psychotherapeuten sagt, Homosexualität sei angeboren“, räumt der BKÄ auf seiner Homepage ein. Auch die Weltgesundheitsorganisation hat die Homosexualität aus dem Katalog der Krankheiten gestrichen. Viele Mediziner würden sich nur nicht trauen, das Problem anzugehen, behauptet jedoch Winkelmann. An Gleichgesinnten scheint es den katholischen Ärzten deshalb offenbar noch zu mangeln. Die Seite schließt mit einem Appell „Wir suchen Geistliche, Ärzte und Psychotherapeuten, die mitarbeiten möchten, Betroffenen in ihrer Not weiterzuhelfen.“

Einen Unterstützer wähnt Winkelmann bereits auf seiner Seite: „Der Papst steht sicher hinter uns, auch wenn er das vermutlich nicht offen bekennen würde.“ Der BKÄ vertritt natürlich nicht die offizielle Haltung der katholischen Kirche zur Homosexualität. Und dennoch gibt es immer wieder Irritationen im Umgang mit Schwulen und Lesben. Erst im vergangenen Monat hat der Kölner Erzbischof Kardinal Joachim Meißner dem schwulen Religionslehrer David Berger nach seinem Coming-Out die Lehrerlaubnis entzogen. Begründung: Berger habe den Anschein erweckt, in Lehre und Lebensführung nicht mit den moralischen und gesetzlichen Normen der Kirche übereinzustimmen.