Paris. Die frühere Fernsehjournalistin Anne Sinclair glaubt “keine Sekunde lang den Anschuldigungen“ gegen ihren Mann. Die Frau an der Seite des IWF-Chefs ist in Frankreich überaus beliebt - und hat schon mehrere Skandale von “DSK“ verarbeiten müssen
Welche Frau würde nicht an Scheidung denken, nachdem der Ehemann in einem New Yorker Hotel versucht haben soll, ein Zimmermädchen zu vergewaltigen. Doch die offizielle Reaktion der früheren Fernsehjournalistin Anne Sinclair ist eine andere: "Ich glaube keine Sekunde lang den Anschuldigungen, die gegen meinen Mann erhoben werden", erklärt die 62-Jährige, nachdem Dominique Strauss-Kahn in New York wegen versuchter Vergewaltigung angeklagt worden ist. "Sie ist sehr kämpferisch", sagt ein Vertrauter der Zeitung "Le Parisien" über die Stimmungslage der Frau des Chefs des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Es ist nicht der erste Sturm, den Sinclair, die seit 20 Jahren mit Strauss-Kahn verheiratet ist, in ihrer Ehe durchsteht. 1999 wird DSK, wie er in Frankreich genannt wird, zum Rücktritt als "Superminister" für Wirtschaft und Finanzen gezwungen. Er stolpert über eine Affäre um angeblich unzulässige Honorar- und Gehaltszahlungen und wird erst zwei Jahre später reingewaschen. Schon damals kämpft Sinclair um den guten Ruf des Finanzexperten. "Anne ist eine Löwin: wenn man ihren Mann angreift, dann greift man sie an", zitiert die Zeitschrift "Télérama" damals ihre Freundin Rachel Kahn.
Bereits das "Abenteuer einer Nacht" verschmerzt
Auch 2008 hält Sinclair eisern zu Strauss-Kahn, als eine Affäre mit einer ungarischen Angestellten des IWF bekannt wird. Sie wolle das "Abenteuer einer Nacht" vergessen, schreibt sie in ihrem Blog. "Wir lieben uns wie am ersten Tag". Danach scheint die dunkelhaarige Frau mit den strahlend blauen Augen, die jahrelang am Sonntagabend die französischen Fernsehzuschauer fesselte, hinter den Kulissen bereits den Präsidentschaftswahlkampf ihres Mannes vorzubereiten.
Vom Fernsehsender Canal+ lässt sich das Paar ein Jahr lang filmen, unter anderem beim Kochen in der Küche ihres Hauses in Georgetown. Im Februar mischt sie sich in ihrem Blog in die Debatte über die Rolle des Islam in Frankreich ein. "Frau Sinclair macht Wahlkampf für ihren Mann", ätzt die Chefin der rechtsextremen Front National, Marine Le Pen.
Zehn Tage später sagt Sinclair dann in einem Interview den Satz, der in Frankreich als Zeichen für eine Präsidentschaftsbewerbung von DSK gewertet wird: "Ich wünsche nicht, dass er ein zweites Mandat macht" - gemeint ist eine zweite Amtszeit beim IWF. Strauss-Kahn hält große Stücke auf seine Frau, deren Bild in seinem Büro neben Aufnahmen mit Bill Clinton und Barack Obama hängt. "Das, was Anne Sinclair sagt, ist wichtig für mich", sagt er in einem Fernsehinterview.
Wegen Luxus-Leben in der Kritik
In der vergangenen Woche gerät das Paar durch seinen luxuriösen Lebensstil, der so gar nicht zu einem möglichen Präsidentschaftsbewerber der Sozialisten passt, in die Kritik. Die beiden sind beim Einsteigen in den Porsche eines DSK-Mitarbeiters zu sehen, die teuren Anzüge des IWF-Chefs und seine Häuser in Washington, Paris und Marokko werden zum Thema.
Doch das Geld kommt nicht allein von Strauss-Kahn. Auch Anne Sinclair stammt aus einer wohlhabenden Familie. Sie ist die Enkelin eines berühmten Kunsthändlers, der auch die Bilder von Pablo Picasso verkaufte. Ihre Mutter und ihre Großmutter sind sogar auf dem Picasso-Gemälde "Porträt von Frau Rosenberg und ihrer Tochter" zu sehen.
Die preisgekrönte Journalistin ruht sich aber nicht auf den Familienlorbeeren aus. Die als fleißig beschriebene Sinclair macht schnell Karriere, zuerst beim Radio und dann beim Fernsehen. Als DSK 2007 nach Washington zum IWF geht, fängt die heute 62-Jährige an, ihren Blog zu schreiben. Daneben kümmert sie sich um die Patchwork-Familie, zu der neben ihren beiden Söhnen aus erster Ehe auch die vier Kinder von DSK und mehrere Enkelkinder gehören.
Ihrer eigenen Beliebtheit dürften die Sex-Affäre ihres Mannes kaum etwas anhaben. In einer Umfrage im Februar schlug Anne Sinclair Präsidentengattin Carla Bruni-Sarkozy um Längen. 65 Prozent der Franzosen gaben damals der Journalistin den Vorzug. (afp)