New York. . Dominique Strauss-Kahn sieht sich als unschuldig Festgenommenen. Der Chef des Internationalen Währungsfonds wies den Vorwurf zurück, eine Hotelmitarbeiterin sexuell belästigt zu haben. Strauss-Kahn war am frühen Morgen in New York verhaftet worfen.
Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, hat nach seiner Festnahme in New York wegen des Vorwurfs sexueller Übergriffe alle Anschuldigungen zurückgewiesen. Strauss-Kahn werde auf nicht schuldig plädieren, sagte sein Anwalt Benjamin Brafman der Nachrichtenagentur AP. Mit der Anklageerhebung werde noch am Sonntag gerechnet.
Strauss-Kahn hätte heute Merkel treffen sollen
Nach der Festnahme Strauss-Kahns am Samstag in New York herrschte am Sonntag zunächst meist nur Fassungslosigkeit. Selbst politische Konkurrenten in Frankreich, wo Strauss-Kahn als möglicher Präsidentschaftskandidat der Sozialisten galt, reagierten ungläubig auf die Vorwürfe. Der IWF verwies alle Anfragen an Strauss-Kahns Anwalt. Die internationale Finanzbehörde sei weiter voll handlungsfähig, hieß es.
Strauss-Kahn war auf dem Weg nach Europa, wo er am Sonntag Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen sollte, um mit ihre über die Schuldenkrise Griechenlands zu sprechen. Am Montag und Dienstag war er auch in Brüssel erwartet worden, wo die EU-Finanzminister das Rettungspaket für Portugal beschließen wollen. Der IWF steuert ein Drittel des Milliarden-Rettungspakets für Griechenland bei; Strauss-Kahns geplante Gespräche in Berlin und Brüssel galten als Indiz für den Ernst der Lage um das vom Staatsbankrott bedrohte Land.
Kurz vor Abflug aus dem Flieger geholt
Nach Angaben der Polizei in New York wurde Strauss-Kahn am Samstagabend auf dem Flughafen John F. Kennedy kurz vor dem Start einer Air-France-Maschine nach Paris von Beamten aus der ersten Klasse geholt und festgenommen. Der 62-Jährige soll sich nach Aussage eines 32-jähriges Zimmermädchens in seiner Hotelsuite nackt auf diese gestürzt und sie zum Oralsex gezwungen haben.
Strauss-Kahn habe einen Rechtsanwalt hinzugezogen und gegenüber der Polizei zunächst keine Erklärung abgegeben, sagte Polizeisprecher Paul Browne. „Er wird festgenommen wegen strafbarer sexueller Handlung, versuchter Vergewaltigung und Freiheitsberaubung“, sagte Browne.
Offenbar überhastete Abreise
Das Dienstmädchen sagte der Polizei zufolge aus, sie habe gegen 13.00 Uhr Ortszeit die große Suite des IWF-Chefs betreten, weil sie zum Saubermachen gerufen worden sei. Strauss-Kahn sei nackt aus dem Badezimmer gekommen, habe sie durch eine Flur verfolgt und in ein Schlafzimmer gezogen. Dort habe er sie sexuell bedrängt. Sie habe sich ihm entwunden, worauf er sie in ein Badezimmer gezerrt und zum Oralsex gezwungen habe. Dabei habe er versucht, ihr die Unterwäsche auszuziehen. Der Frau sei es wieder gelungen, freizukommen und aus der Suite zu fliehen, die 3.000 Dollar die Nacht kostet. Sie habe Kollegen von dem Vorfall berichtet und diese hätten die Polizei alarmiert.
Die Beamten seien kurz darauf in dem Hotel eingetroffen, Strauss-Kahn sei aber bereits weg gewesen, sagte der Sprecher der New Yorker Polizei, Paul Browne. Der IWF-Chef habe sein Handy und andere persönliche Dinge im Zimmer zurückgelassen. „Es sah so aus, als ob er es eilig hatte“, sagte Browne. Die Polizei habe erfahren, dass Strauss-Kahn am John-F.-Kennedy-Flughafen sei und habe die dortige Behörde alarmiert. Die habe Strauss-Kahn aus dem Flugzeug holen lassen. Das Dienstmädchen wurde von der Polizei in ein Krankenhaus gebracht.
Ungläubigkeit in Frankreich
Für die französische Zeitung „Le Parisien“ ist die Festnahme von Strauss-Kahn ein „Donnerschlag in der französischen politischen Welt“. Eine der möglichen Rivalinnen, die frühere sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal, erklärte: „Das ist ein Schock.“ Aber es sei nichts bewiesen, sagte sie dem Radiosender „Europe 1“. Der frühere liberale Präsidentschaftskandidat François Bayrou bezeichnete die Affäre als „verwirrend und beunruhigend“.
Einer von Strauss-Kahns Gefolgsleuten, Jean-Marie Le Guen, sagte, das, was bislang bekannt geworden sei, passe nicht zu Strauss-Kahn. Dieser habe nie Gewalt gegen Personen ausgeübt.
2008 Bedauern über Affäre mit Untergebener
Allerdings wurde gegen Strauss-Kahn 2008 beim IWF wegen einer sexuellen Beziehung mit einer untergebenen weiblichen Angestellten ermittelt. Der IWF-Vorstand bezeichnete sein Verhalten damals als „bedauerlich“ und Ausdruck einer „schweren Fehleinschätzung“. Strauss-Kahn entschuldigte sich in einer E-Mail an alle IWF-Mitarbeiter. „Dieser Vorfall ist eine schwere Fehleinschätzung meinerseits, für die ich die volle Verantwortung übernehme“, schrieb er. „Zugleich bin ich der festen Überzeugung, dass ich meine Position nicht missbraucht habe.“ Die Mitarbeiterin verließ den IWF und trat eine Stelle bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung an.
Strauss-Kahn ist in dritter Ehe mit der gebürtigen New Yorkerin Anne Sinclair verheiratet und hat vier Kinder.(dapd)