Berlin. Die Koalition will den Landärztemangel beheben, Zahnärzten mehr Geld geben, den Medizinernachwuchs fördern und eine bessere Behandlung für Patienten.

Die Koalition will den Landärztemangel beheben, Zahnärzten mehr Geld geben, den Medizinernachwuchs fördern und eine bessere Behandlung für Patienten. Dies sieht das geplante Versorgungsgesetz vor. Die Krankenkassen schlagen Alarm: Sie fürchten zusätzliche Kosten. Die FDP lehnt höhere Kassenbeiträge aber strikt ab.

Gibt es in NRW genug Ärzte?

Noch steht das Land vergleichsweise gut da. Ob Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Herne oder Recklinghausen – alle Revierstädte gelten etwa mit Haus- und Kinderärzten als überversorgt. Nicht ganz so gut sieht es auf dem Land aus: Im Kreis Borken hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein einen Bedarf von 223 Hausärzten ausgemacht. De facto gab es 2010 dort nur 205. In ganz Westfalen fehlten nach Angaben der KV Westfalen-Lippe zuletzt 205 Hausärzte. Dennoch sei die flächendeckende Versorgung durch niedergelassene Mediziner „noch kein Problem“.

Wo sind die Knackpunkte bei der Ärzteversorgung?

Es gibt mehrere. Die niedergelassenen Mediziner sind ungleich verteilt. In Essen-Mitte etwa gibt es viel zu viele Kinderärzte und in Altenessen deutlich zu wenige. In wenigen Jahren dürfte sich die Situation insgesamt verschärfen. So ist im Rheinland jeder fünfte Arzt 60 Jahre und älter. In Dortmund, Gelsenkirchen und Recklinghausen gehört fast jeder dritte Hausarzt zur Generation 60 plus, in ganz Westfalen inzwischen jeder Vierte. Wenn sich hier keine Nachfolger finden, könnte es zu einem deutlichen Ärztemangel kommen. Zu guter Letzt warnen Ärztevertreter vor Medizinerengpässen in NRW-Kliniken.

Was will das Versorgungsgesetz erreichen?

Die Koalition will mehr Ärzte aufs Land locken und die Bedarfsplanung ändern. Außerdem streitet Schwarz-Gelb, ob Kassenpatienten in Zweibettzimmern liegen und nach drei Wochen einen Facharzttermin bekommen sollen.

Wie will die Koalition Ärzte aufs Land locken?

Vereinfacht gesagt durch höhere Honorare. Schwarz-Gelb will auch die Residenzpflicht abschaffen. So müssen Mediziner nicht mehr so nah an ihrer Praxis wohnen. Sie sollen zudem nicht mehr so viele Notdienste machen müssen und mobile Praxen bilden können.

Schwarz-Gelb will eine feinere Bedarfsplanung. Was ist das?

Sie legt fest, wo wie viele Ärzte sein sollen. Ziel ist die ausgewogene Versorgung. Zuständig sind die Kassen und Kassenärztliche Vereinigungen.

Wie profitiere ich als Patient von der neuen Bedarfsplanung?

Durch kürzere Wege zum Arzt. Heute ist die Bedarfsplanung zu grobflächig. So kann es in einer Region zwar genug Ärzte geben. In Ballungsgebieten sind aber oft zu viele Mediziner, auf dem Land zu wenige.

Wann kommt das Gesetz?

Die Ideen von FDP, Union und dem Gesundheitsministerium liegen auf dem Tisch. Eckpunkte dürfte es bis Ostern geben.

Kommen wegen des Gesetzes höhere Ausgaben auf die Versicherten zu?

Höchstwahrscheinlich ja. Denn Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will im Zuge des Gesetzes auch die veraltete Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) überarbeiten. Sie sollen im Schnitt sechs Prozent mehr Honorar bekommen. Die Kassen bezahlen aber nur einen Teil der Leistungen und den Rest der Versicherte. Höhere Gebühren dürften also beim Patienten hängen bleiben.

Drohen höhere Krankenkassenbeiträge?

„Beitragserhöhungen für die Versicherten lehnen wir kategorisch ab“, sagt FDP-Gesundheitsexpertin Ulrike Flach. Die Verbesserung der Versorgung müsse aus dem jetzigen Beitragsvolumen finanziert werden. Die Kassen warnen aber vor weiteren Ausgaben, weil Zahn- und Landärzte mehr Geld bekommen sollen.

Liege ich als gesetzlich Versicherter künftig automatisch im Zweibettzimmer?

Nein. Gesundheitsexperte Jens Spahn (CDU) hatte diese Idee. Er scheiterte am Widerstand von CSU und FDP. Nun fordert die Union die „patientenfreundlichere Ausstattung“ von Kliniken und setzt auf Anreize. Spahn fordert, dass Patienten in Drei- oder Vierbettzimmern künftig nicht mehr zehn Euro pro Tag für den Krankenhausaufenthalt zuzahlen müssen.