Bayreuth. . Der Druck auf Verteidigungsminister zu Guttenberg wächst. Seine Entschuldigung vor dem Bundestag reicht der SPD nicht aus. Parteichef Gabriel fordert die Bundeskanzlerin zum Handeln auf.
Die Entschuldigung des Verteidigungsministers reicht der SPD nicht aus. Sie dringt nach wie vor auf die Entlassung von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wegen der Plagiatsaffäre. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte am Donnerstag, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dürfe der Bundeswehr und der deutschen Öffentlichkeit dieses "unwürdige Schauspiel" nicht länger zumuten.
"Jeder weiß, dass wir es mit einem politischen Hochstapler zu tun haben", sagte Gabriel. Der Verteidigungsminister tue, als stünde er über Recht und Gesetz. Die Abgeordneten im Bundestag habe er bei seiner Befragung am Mittwoch "für dumm verkaufen" wollen. Es sei völlig unglaubwürdig, dass jemand "aus Versehen" so große Teile einer Doktorarbeit abschreibe. "Für jeden Abgeordneten ist es eine Zumutung, dass wir uns auf dieses moralische und intellektuelle Niveau herab begeben müssen", sagte Gabriel.
Gabriel: Guttenberg hat die demokratische Achse verschoben
Merkel dürfe ihrem Minister ein solches Fehlverhalten nicht durchgehen lassen. "Sie haben die demokratische Achse für unsere parlamentarische Demokratie verschoben." Es gehe nun für die Kanzlerin darum, Schaden vom Land abzuwenden.
Auch die Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) hält die Entschuldigung des Verteidigungsministers für nicht ausreichend. Guttenberg tue immer noch so, als habe er einen „kleinen Fehler, der irgendwie nebenbei passiert“ begangen, sagte Göring-Eckardt.
Sie kritisierte, Guttenberg sei immer noch nicht klar, „dass es mehr ist als ein Kavaliersdelikt“. Zudem gebe der Minister immer nur zu, was ohnehin gerade herauskomme. Seine Reumütigkeit sei daher für sie nicht „wahnsinnig überzeugend“. Es stelle sich die Frage, wie viel Vertrauen man noch in den Minister haben könne, der in einem „höchst sensiblen“ Amt tätig sei.
Bundeswehrverband: Glaubwürdigkeit des Ministers angekratzt
FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff stärkte Guttenberg derweil den Rücken. Mit der Aberkennung seines Doktortitels seien Konsequenzen gezogen worden, sagte sie. Sie hoffe, dass jetzt alle Vorwürfe ausgeräumt seien und „wir zu wichtigen Themen kommen“. Sie denke, der Minister habe aus der Affäre „gelernt“. Jetzt müsse er an seinen Taten - so die große Bundeswehrreform - gemessen werden.
Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch, sagte: „Die Glaubwürdigkeit des Ministers ist angekratzt. Daran besteht kein Zweifel.“ Er sehe dennoch „keine Notwendigkeit“ für einen Rücktritt. „Die Bundeswehrreform ist das Projekt von Herrn zu Guttenberg. Sie wird mit ihm in Verbindung gebracht. Da darf er nicht aus der Verantwortung gelassen werden.“
SPD: „Uni Bayreuth kneift im Fall Guttenberg“
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, kritisierte unterdessen die Entscheidung der Universität Bayreuth, Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) den Doktortitel abzunehmen, als halbherzig kritisiert. „Die Universität Bayreuth kneift, denn sie verzichtet darauf zu prüfen, ob eine bewusste Täuschung vorliegt – und das trotz massivster Anhaltspunkte“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Damit macht sie sich die Argumentation Guttenbergs zu Eigen und erleichtert ihm das politische Überleben. Das ist nicht in Ordnung.“
Wiefelspütz fügte hinzu: „Das ist für den Minister das Wunschergebnis.“ Zudem habe sich die Universität Bayreuth auch „um die CSU und um Frau Merkel verdient gemacht“. Das ganze Verfahren sei „zu billig“. Wiefelspütz ist selbst promovierter Jurist und nebenberuflich als Lehrbeauftragter tätig.
Uni untersucht nun doch mögliche Täuschungsabsichten
Die Universität hatte Guttenberg am Mittwoch den Titel entzogen. Universitätspräsident Rüdiger Bormann hatte auf einer Pressekonferenz betont, es habe dabei keine Prüfung stattgefunden, ob Guttenberg bewusst getäuscht habe. Am Donnerstag verwahrte er sich gegen den Vorwurf, der rasche Entzug von Guttenbergs Doktortitel ohne Prüfung der Täuschungsvorwürfe sei halbherzig gewesen.
Er betonte stattdessen: Die Kommission zur Selbstkontrolle in der Wissenschaft befasse sich jetzt mit dem wissenschaftlichen Fehlverhalten Guttenbergs und untersuche, "ob es Hinweise auf eine Täuschung gibt". Die Beweisführung sei jedoch "sehr komplex und strittig", daher könne sich der Prozess lange hinziehen. Um weiteren Schaden abzuwenden, habe man sich zu dem einfachen, zielführenden Weg entschlossen.
Imagefilm wird überarbeitet
Der Präsident ließ offen, ob der Verteidigungsminister ohne Doktortitel nun weiterhin Werbeträger der Universität sein soll. Dies müsse man sich in Ruhe durch den Kopf gehen lassen.
Unterdessen ist bereits ein Foto Guttenbergs auf der Homepage der Universität verschwunden. Ein Imagefilm auf der Seite der Jura-Fakultät, in dem Guttenberg für das Studium wirbt, soll überarbeitet werden, heißt es in einem Hinweis. (dapd)