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Ihr Streit um die Hartz-IV-Erhöhung ist schwer nachzuvollziehen. Und auch in Anne Wills Polit-Talk taten Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) und SPD-Vize Manuela Schwesig nichts, um das Verständnis zu erleichtern.

„Erklären Sie einem 13-Jährigen das Hartz IV-Gezanke!“, forderte Polit-Talkerin Anne Will Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig auf. Die Kontrahentinnen im Streit um die Erhöhung des Satzes für Langzeitarbeitslose aber versäumten es am Sonntag, den Zuschauern zu erklären, worum sie seit 369 Tagen streiten.

Eher schien der Polit-Talk in der ARD wie ein einstündiger Ausschnitt aus einer Endlosschleife ewiger Aneinanderreihungen von Aussagen aus dem einstudierten Parteivokabular. Der nirgendwohin führte. Mit der Überschrift der Sendung, „Das Hartz-Theater – was bekommt die Politik noch gebacken?“, verband somit Politikberater Michael Spreng zuerst vor allem eines: Diese beiden Frauen bekämen es nicht gebacken. Ihre Streitereien schadeten also den Frauen in der Politik, und von der Leyen und Schwesig seien zwei Verliererinnen.

Ursula von der Leyen, kampflustig und rhetorisch ihrer Gegnerin Schwesig überlegen, bedauerte die Verschiebung des Themas auf die Fähigkeiten von Frauen in der Politik. Taktisch klug versuchte sie an dieser Stelle, Schwesig die Hand zu reichen und betonte anfangs, was sie beiden verbinde und was bereits auf den Weg gebracht worden sei.

Von der Leyen glänzte mit Zahlen und Fakten

Schwesig reagierte mit Ablehnung auf von der Leyens Annäherungen: „Das ist nicht richtig, wir haben es zu keinem Ergebnis gebracht, weil Sie den Verhandlungstisch verlassen haben“, und platzierte stattdessen ihre sozialdemokratischen Überzeugungen: „Wenn es um die Bankenrettung geht, sind die Milliarden sofort die Lösung. Wenn es um die Kinder geht, dauert das Wochen und Monate.“ Der Zuschauer hatte den Eindruck: Egal was von der Leyen sagt, die Schwesig will keine Einigung.

Gegen Ende jedoch löste sich Schwesig ein bisschen von den auswendig gelernten Sätzen. Als Spreng ihr vorwarf, sie schaffe es nicht ohne die Hilfe der männlichen Ministerpräsidenten (die Hartz IV-Debatte soll nun von Vermittlern unterstützt und im Bundesrat weiter diskutiert werden), beteuerte sie, ihr sei es egal, welche Rolle man ihr deswegen in der Öffentlichkeit zuschreibe, denn ihr gehe es einzig und allein um eine Lösung.

Von der Leyen stattdessen glänzte mit Zahlen und Fakten. Die einfache Frage des 13-jährigen Maurice’, Sohn eines Leiharbeiters mit fünf Kindern, warum er nicht acht statt fünf oder elf Euro bekommen könnte, wusste sie jedoch nicht ansatzweise zu beantworten. Diesmal reichte Schwesig ihr die Hand, von der Leyen lehnte ab.

„Man muss das Gesetz komplett ändern“

Die Herrenrunde kritisierte die beiden Politikerinnen gleichermaßen und mit den bekannten Vorwürfen. Thomas Brauße, ehemaliger Investment-Banker, dann Arbeitsloser und schließlich selbstständiger Würstchenverkäufer, warf den Damen vor, ihnen gehe es nicht um die Sache. Journalist und Verleger Jakob Augstein versuchte sich in der Bürgerperspektive. Er wollte neben den vorhersehbaren Attacken gegen von der Leyen und Schwesig, sie handelten machtstrategisch und betrieben reinen Politikzynismus, komplett bei Null anfangen: „Es geht hier nicht um fünf oder elf Euro bei der Erhöhung des Hartz IV-Satzes. Man muss das Gesetz komplett ändern.“ Wie, sagte er nicht.

Anne Will selbst schien des Streits auch überdrüssig. Sie hakte wenig nach und gab sich eher passiv. Dabei hätte es viele weitere Aspekte zu klären gegeben: Wie soll der Fahrplan für die Kommunen überhaupt aussehen, wie können sie Bildungsgutscheine für den Musik- oder Sportverein umsetzen? Wird jedes Kind mit dem Stempel Bildungsgutschein gebrandmarkt? Welche Verantwortung tragen Unternehmer, so dass der Staat erst gar nicht so vielen Menschen Hartz IV zahlen muss, Stichwort unterbezahlte Leiharbeiter?

Das Image der Buhfrauen konnten Schwesig und von der Leyen an diesem Abend leider nicht ablegen. Fazit der beiden: „Wir werden so schnell wie möglich zu einer Lösung kommen.“