Bangalore. . Bundes-Verteidigungsminister zu Guttenberg wirbt in Indien um Rüstungsaufträge. Und er kündigt an, demnächst als Co-Pilot in einem Euro-Fighter mitzufliegen. Der Rüstungskonzern EADS hofft auf einen Milliardenauftrag aus Indien.
Karl-Theodor zu Guttenberg geht in die Luft: Wie der CSU-Politiker am Donnerstagmorgen auf der Aero India, der größten Rüstungsgütermesse auf dem Subkontinent, vor Journalisten erkärte, will er noch in diesem Jahr als Co-Pilot in den neuen Kampfflugzeug Euro-Fighter Platz nehmen. Nach jetzigem Stand wird der Testflug des Verteidigungsministers als Kampfpilot im Rahmen eines ohnehin stattfindenden Trainingsfluges der Luftwaffe auf dem Stützpunkt Rostock-Lage stattfinden. Der 39-Jährige hat im vergangenen Jahr in München die nötigen Tests absolviert und bestanden.
Der Euro-Fighter ist ein Gemeinschaftsprojekt von vier EU-Ländern und das Konsortium EADS bewirbt sich in Bangalore, um den derzeit größten Rüstungsauftrag. Die indischen Luftwaffe will ihre Kampfjetflotte erneuern. Wer den Zuschlag für die 126 Jets bekommt (Investitionsvolumen rund 7 Mrd. Euro), soll sich im Laufe dieses Jahres entscheiden.
Guttenberg versteht seine Visite in Indien als politische Flankierung der EADS-Offerte. Aus Sicht des Konzerns ein „unverzichtbarer Schritt“. EADS-Geschäftsführer Stefan Zoller erklärt: „Wenn man sieht, dass in diesem Jahr bereits US-Präsident Obama, der russische Präsident Medwedjew und der französische Staatspräsident Sarkozy hier war und für ihre Firmen geworben haben, dann weiß man dass es ohne politische Hilfe nicht geht.“
Größte Rüstungsmesse auf dem Subkontinent
Wer Guido Crosetto nicht kennt, denkt, das muss wohl der neue Leibwächter von Karl-Theodor zu Guttenberg sein. Wie ein Kleiderschrank, so steht der bullige Glatzkopf am Mittwoch in praller Sonne vor dem Yelahanka-Flugfeld von Bangalore neben dem deutschen Verteidigungsminister. Wenn er lacht, blitzt ein Brilli auf der oberen Zahnreihe. Und Crosetto, nicht sein Bodyguard, der Staatssekretär seines italienischen Amtskollegen, lacht viel. Guttenberg versteht sich auch nach langem Nachtflug beinahe spielerisch auf rhetorische Lockerungsübungen.
Neun Stunden ist der daheim von Gorch Fock und anderen Wehrkundeübeln geplagte 39-Jährige hergeflogen; mitten in die südindische Computer-Metropole. Hier liegt in diesen Tagen das Mekka für jene, die auf dem Subkontinent mit militärischem Fluggerät zu schaffen haben: die „Aero India“.
675 Aussteller aus 45 Ländern haben entlang der Landebahn ihre Pavillons aufgebaut und buhlen um Aufträge. Indien, die ehemalige Führungsmacht der blockfreien Bewegung will sich mit einer Milliarden-Bevölkerung im Rücken als Großmacht etablieren - den Konkurrenten China fest im Blick. Darum renoviert es sein Militär. Von über 50 Milliarden Euro Investitionsvolumen ist die Rede; der größte Rüstungsauftrag, den die Welt derzeit zu vergeben hat.
Da muss doch eine Scheibe abzuschneiden sein für deutsche Firmen, hofft Guttenberg. 17 sind hier. Siemens zum Beispiel. Man rechnet sich gute Chancen aus im Bieterwettbewerb für 126 Kampfjets im Wert von sieben Milliarden Euro. Sechs Konsortien sind im Topf, darunter das europäische Projekt EADS.
Indien ist ein gewaltiger Markt
Gernot Erler, SPD-Fraktionsvize im Bundestag, sieht die Werbeaktion des CSU-Lieblings mit Blick auf das angespannte Verhältnis Indien/Pakistan skeptisch: Das sei kein Beitrag zur friedlichen Konfliktbeilegung, sondern zur Eskalation, sagt er. „Murmelei“, ätzt Guttenberg zurück.
„Indien ist ein gewaltiger Markt, und diesen Markt gilt es auch von unserer Seite mitzubestellen“, ist seine Sichtweise. Darum ist er da. Als Verteidigungs-, Außen- und Wirtschaftsminister in Personalunion. Als „Eurofighter“. Und ein bisschen auch als Vorarbeiter. Im Mai kommt Kanzlerin Angela Merkel mit dem halben Kabinett zur ersten Regierungskonsultation nach Neu Dehli. Indien soll generalstabsmäßig für die Marke „Made in Germany“ umgarnt werden. Zu lange, da ist man sich in Berlin einig, hat Deutschland hier geschlafen.
Guttenberg wirkt hellwach, als das Gedröhn losgeht. Von den VIP-Bänken aus, auf denen zur Sicherheit Käppis und Sonnenmilch mit Schutzfaktor 15 liegen, verfolgt die internationale Besucherschar die „Top Gun“-Leistungsshow. Zuerst die Amerikaner. Da ist die F-16 von Lockheed Martin. Hier kommt die F/A-18 Super Hornet von Boeing. Gleich schrauben sich die russische MiG-35, die von Saab fabrizierte „Gripen NG“ aus Schweden und die „Rafale“ vom französischen Allzweck-Konzern Dassault in den wolkenlosen Himmel. Manöver, bei denen der Laie instinktiv das Ramstein-Syndrom kriegt und innerlich nicht nur wegen des trommelfellzerkratzenden Lärms in die Hocke geht. Die Stimmung ähnelt einem Bodybuildung-Wettbewerb. Nur dass die Kolosse hier Muskeln aus Stahl haben und Mach 2-schnell sind. Aus den Lautsprechern hört man die Titelmelodie von „Star Wars“.
1800 Kilometer zum Premier-Minister
Karl-Theodor zu Guttenberg will natürlich keinen Krieg. Er will Erfolg als Handlungsreisender. Und als Allzweck-Diplomat. Darum der Abstecher. Während die Flugschau noch im Gange ist, steigt der Minister wieder in die neue A 319D der Luftwaffe. Premierminister Manmohan Singh empfängt ihn kurzfristig am Mittwoch-Nachmittag in Neu Dehli. 1800 Kilometer zurück gen Norden. Es soll sich gelohnt haben. Ein „von hoher Emotionalität“ geprägtes Gespräch, bilanziert Guttenberg später im Nobel-Hotel Taj Mahal. Deutschland sei der „Vorzugspartner“ Indiens.
Diesen Donnerstag früh fliegt der Minister noch mal nach Bangalore. Zum Flugschaugucken und Geschäfteanbahnenflankieren. Erst dann geht es zurück nach Berlin. Gut 20 000 Kilometer in 48 Stunden. Guttenberg sieht man den Stress nicht an. Als ihn die Fotografen bitten, sich mit zwei indischen Militärpolizisten ablichten zu lassen, die mit ihrem roten Pfauenputz auf dem Kopf etwas post-kolonial wirken, macht er bereitwillig mit. Nur die Sonnenbrille setzt er vorher noch schnell ab. Zu cool darf“s dann auch wieder nicht aussehen.