Washington. Auch wenn der symbolträchtige Auftritt im Rosengarten wegen einer Unwetterwarnung ausfiel, war Angela Merkels Besuch bei Barack Obama dennoch ein voller Erfolg. Der US-Präsident startete eine regelrechte Charme-Offensive. Und sang ein Loblied auf die deutsche Kanzlerin.
«Weisheit, Offenheit, Führungsstärke und Durchsetzungsvermögen» hob US-Präsident Barack Obama nach den Worten der Dolmetscherin als Charakterstärken seiner Gesprächspartnerin Angela Merkel hervor. Wenn auch nicht in solchen Worten, die man eher aus dem Munde eines asiatischen Staatslenkers zu hören vermutet, so sparte Obama doch nach dem Treffen im Weißen Haus am Freitag nicht mit Lob. Ganz so, wie es die deutsche Seite vermutlich erwartet hatte, um den anhaltenden Zweifeln über die Stimmigkeit der Chemie zwischen Charisma und Pragmatismus endlich den Boden zu entziehen.
Die Symbole stimmten an diesem tropisch-schwülen Sommertag in Washington. Sollte sich der Wähler in ziemlich genau drei Monaten noch an diesen Tag erinnern, wird er vielleicht Einfluss auf die Wahlentscheidung haben. Auch wenn wegen einer Unwetterwarnung der romantische Rosengarten für den gemeinsamen Auftritt ausfiel - es regnete dann doch nicht - und die Journalisten im prunkvollen East Room sich versammelten, so begann es schon damit, dass das Gespräch mit 90 Minuten ziemlich genau eine halbe Stunde länger dauerte als geplant. Der East Room war damit zum ersten Mal Schauplatz einer Doppel-Pressekonferenz. Im Rosengarten hatten sogar schon die Vorgänger George W. Bush und Gerhard Schröder einen gemeinsamen Presseauftritt. Und die waren ja nun nicht wirklich gute Freunde.
Merkel und Obama beim Iran-Konflikt einig
Als das Paar dann endlich vor die Meute trat, ging ein Lächeln über Merkels Mund, weil die deutschen Journalisten in Anpassung an die amerikanischen Benimm-Regeln aufstanden, als förmlich wie an einem Königshof «Der Präsident der Vereinigten Staaten und die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland» angekündigt wurden. Nicht nur Phoenix in Deutschland schaltete erwartungsgemäß live in die Pressekonferenz, sogar der amerikanische Nachrichtensender CNN unterbrach die Michael-Jackson-Todesberichterstattung und brachte die Bilder.
Inhaltlich ließen die Übereinstimmungen ebenfalls nichts zu wünschen übrig. Obama äußerte sich sogar sehr scharf zu Iran, wies Entschuldigungsforderungen wegen Einmischung in die inneren Angelegenheit entschieden zurück und war sich mit Merkel einig, dass «wir das nicht vergessen werden», was die Führung in Teheran den Demonstranten angetan hat, wie Merkel sich ausdrückte.
Auch beim Thema Guantanamo um Konsens bemüht
Selbst beim Thema Guantanamo bemühten sich beide um Konsens. Merkel ging immerhin einen Schritt über die bisherige Haltung der Bundesregierung hinaus: «Deutschland wird sich der Verantwortung nicht entziehen», sagte sie. «Es wird zu Ergebnissen kommen, da bin ich ziemlich sicher.» Wer bei Merkel zwischen den Worten hören kann, der weiß: Deutschland nimmt Flüchtlinge auf, dafür wird sie in Gesprächen mit den CDU-Ministerpräsidenten und Innenministern schon sorgen.
Gegen Ende legte Obama aber eine richtige Charme-Offensive vor: «Smart» und «practical» sei sie, und: «Ich kann ihr vertrauen, wenn sie etwas sagt.» So müsse es sein, wenn man sich mit Staatsmännern und -frauen unterhalte. Deutschland habe einen festen Platz in seinem Herzen, auch «weil ich die Kanzlerin sehr mag». Auf die Frage, wie seiner Schwester das Studium in Heidelberg gefallen habe und ob sie da diskriminiert worden sei, verneinte Obama.
Allerdings habe seine Schwester da einen deutschen Freund gehabt. «Hier weiter in die Details zu gehen, könnte möglicherweise die deutsch-amerikanischen Beziehungen belasten», hielt er sich zurück. Deutschland findet er aber offenbar wirklich gut: «Ich hatte jedes Mal eine wundervolle Zeit», sagte er bei der Aufzählung seiner Aufenthalte. Und die Rede vor der Siegessäule, als er noch Kandidat war und 200.000 Menschen auf der Straße des 17. Juni versammelte, nannte er lächelnd eine «pretty good rally» (etwa: «echt tolle Wahlversammlung»). Merkel nahm es äußerlich gelassen. (ap)