Kairo. . Die ägyptische Armee hat ein entscheidendes Signal gesetzt: Sie will bei den Protesten nicht gewaltsam gegen das Volk vorgehen. Für Dienstag rief die Opposition zu einem Generalstreik und einem „Marsch der Million“ auf.

Die ägyptische Armee hat in den seit einer Woche andauernden Protesten gegen Präsident Husni Mubarak erstmals klar Stellung bezogen und erklärt, sie werde keine Gewalt gegen das Volk anwenden. Das Militär, das von den USA Milliardenhilfen bezieht, spielt eine Schlüsselrolle in dem seit 30 Jahren von Mubarak regierten Land.

Die Meinungsfreiheit sei allen Bürgern garantiert, die friedliche Mittel einsetzten, hieß es am Montag in einer Stellungnahme des Militärs. "Die Präsenz der Armee in den Straßen ist zu eurem Schutz und um eure Sicherheit und euer Wohlbefinden zu garantieren." Die Armee rief die Bevölkerung auf, von Sabotageakten abzusehen, da diese die Sicherheit sowie das öffentliche und private Eigentum verletzten.

"Eure Streitkräfte, die sich der Rechtmäßigkeit eurer Forderungen und ihrer Verantwortung für den Schutz des Staates und der Bürger bewusst sind, versichern, dass die Meinungsfreiheit durch friedliche Mittel jedem garantiert ist", hieß es in der Erklärung.

Generalstreik am Dienstag

Eine Woche nach Beginn der Unruhen verstärkt die Opposition den Druck auf die Regierung von Präsident Husni Mubarak. Die Bewegung unter Führung von Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei rief ihre Anhänger für Dienstag zu einem Generalstreik und einem „Marsch der Million“ auf. Israel forderte die USA und europäische Länder einem Pressebericht zufolge hingegen zur Unterstützung Mubaraks auf.

Mubarak bemühte sich am Montag, Forderungen der Demonstranten nachzukommen. Der weithin verhasste Innenminister Habib el Adli wurde im Zuge einer Regierungsneubildung abgelöst, sein Nachfolger ist General Mahmud Wagdi. Neuer Geheimdienstchef wurde General Murad Mowafi, nachdem der bisherige Chef Omar Suleiman zum Vizepräsidenten ernannt worden war. Zuvor hatte Mubarak seinen neuen Regierungschef Ahmed Schafik mit einem Reformkurs beauftragt und Dialog, Arbeitsplätze sowie den Kampf gegen Korruption angekündigt. Dies hielt die Demonstranten jedoch nicht ab, weiterhin den Rücktritt der Regierung zu fordern.

Trotz Ausgangssperre kam es in der Nacht zu Montag in Kairo erneut zu Demonstrationen. Auf dem Tahrir-Platz verbrachten viele Demonstranten die Nacht, am Vormittag versammelten sich dort mehr als tausend Menschen. Viele gaben sich entschlossen, bis zu einem Rücktritt Mubaraks dort auszuharren. Der Platz war weiter von Panzern umringt, Soldaten kontrollierten die Demonstranten, hinderten sie aber nicht am Weiterkommen. Erstmals seit zwei Tagen war auch die Polizei wieder präsent.

Israel ruft zu Unterstützung von Mubarak auf

Nachdem Arbeiter in Suez am Sonntagabend zu einem Streik aufgerufen hatten, schloss sich die ägyptische Oppositionsbewegung dem Aufruf am Montag an. „Wir haben uns den Arbeitern in Suez angeschlossen und treten in einen Generalstreik, bis unsere Forderungen erfüllt werden“, sagte Oppositionsvertreter Mohamed Waked. Als Reaktion auf die Ankündigung stellte die ägyptische Führung den gesamten Zugverkehr im Land ein, wie das Staatsfernsehen mitteilte.

Unterdessen wurde bekannt, dass Israel in einer geheimen Mitteilung den Westen offenbar zur Unterstützung der ägyptischen Regierung aufforderte. Es sei „im Interesse des Westens“ und des „gesamten Nahen Ostens, die Stabilität des ägyptischen Regimes aufrechtzuerhalten“, zitierte die Zeitung „Haaretz“ am Montag aus der Mitteilung, die Ende vergangener Woche übermittelt worden sein soll.

EU für Verhandlungen mit Opposition

US-Präsident Barack Obama rief am Sonntag zu einem „geordneten Übergang“ in Kairo auf, Mubaraks Rücktritt forderte Washington bislang nicht. EU-Außenministerin Catherine Ashton forderte Mubarak am Montag zu umgehenden Verhandlungen mit der Opposition auf. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte im SWR, er halte die Proteste in Nordafrika für den Beginn tiefgreifender Umwälzungen. „Danach wird nichts mehr so sein, wie es war.“ Syriens Staatschef Baschir el Assad ermahnte die Führer der Region, sich an die veränderte Realität anzupassen.

Derweil setzten zahlreiche Länder ihre Bemühungen fort, ihre Staatsbürger aus Ägypten auszufliegen. Viele schickten Flugzeuge, um die Menschen in ihre Heimat zurückzubringen. Das Auswärtige Amt rät inzwischen deutlich von Reisen nach Ägypten ab. Während es in den Badeorten am Roten Meer zunächst weiterhin ruhig blieb, sagten verschiedene deutsche Reiseveranstalter vorerst Reisen in ägyptische Großstädte ab. (rtr/afp)