Berlin. . Die Bundeswehr kann sich ein weiteres Jahr an der Internationalen Schutztruppe in Afghanistan beteiligen. Das beschloss der Bundestag am Freitag mit breiter Mehrheit. Zudem wurde erstmals ein Abzugstermin festgelegt - wenn es die Lage erlaube.

Der Bundestag hat am Freitag den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan um ein Jahr verlängert. Nach neunjährigem Einsatz ist in dem neuen Mandat erstmals auch eine Abzugsperspektive für die deutschen Truppen enthalten. Demnach soll der Abzug Ende dieses Jahres beginnen, wenn die Lage es erlaubt.

419 Ja-Stimmen, 116 Nein-Stimmen

Für das Mandat votierten in namentlicher Abstimmung 419 Abgeordnete, 116 stimmten dagegen. Es gab 43 Enthaltungen. In der abschließenden Debatte hatte zuvor die SPD angekündigt, dem von der schwarz-gelben Koalition getragenen weiteren ISAF-Einsatz zuzustimmen.

Der Einsatz der Bundeswehr ist nunmehr bis zum 31. Januar 2012 befristet. Die Kosten für die Verlängerung werden auf 1,06 Milliarden Euro geschätzt. Die personelle Obergrenze wird wie bisher bei 5350 Mann liegen, wobei 350 Soldaten eine „flexible Reserve“ bilden. Zudem bleibt der landesweite Einsatz der gerade erst abgezogenen Aufklärungsflugzeuge vom Typ „Tornado“ (RECCE) auch weiterhin möglich.

Friedensbewegung wirft Bundestag "Missachtung des Bürgerwillens" vor

Die Friedensbewegung hat die im Bundestag beschlossene Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan scharf kritisiert. "Es ist nur schwer auszuhalten, dass der Bundestag abermals mit über 70 Prozent der Abgeordneten einem Kriegseinsatz zustimmt, der von 70 Prozent der Bevölkerung abgelehnt wird", erklärte am Freitag in Berlin der Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Peter Strutynski.

Er sprach von einer "neuerlichen eklatanten Missachtung des Wähler- und Bürgerwillens". Hier lägen die Ursachen nicht nur für den viel beschworenen "Wutbürger", sondern auch für die zunehmende Politikerverdrossenheit der Menschen.

Bisher 45 tote Bundeswehrsoldaten in Afghanistan

Schwer auszuhalten sei auch, dass die Bundeswehr weiterhin in einen Krieg geschickt werde, "der durch nichts legitimiert ist und der kein einziges positives Ergebnis zeitigen wird". Garantiert werden könne nur eine weitere Eskalation des Krieges mit all seinen Schrecken und Gefahren - insbesondere für die afghanische Zivilbevölkerung.

Nach dem Bundestagsbeschluss vom Freitag kann sich die Bundeswehr ein weiteres Jahr an der Internationalen Schutztruppe ISAF in Afghanistan beteiligen. Nach neunjährigem Einsatz ist in dem neuen Mandat erstmals auch eine Abzugsperspektive für die deutschen Truppen enthalten. Demnach soll der Abzug Ende des Jahres beginnen, wenn die Lage es erlaubt.

Bisher sind 45 deutsche Soldaten in dem Einsatz ums Leben gekommen, davon 27 durch Gefechte, Anschläge oder Minen. Die übrigen starben durch andere Umstände, etwa durch Unfälle oder Selbstmorde. Mehr als 200 deutsche Soldaten wurden seit 2001 in Afghanistan verwundet.

Das internationale Engagement in Afghanistan begann als Reaktion auf die Anschläge am 11. September 2001 in New York und Washington. Derzeit sind fast 150.000 Soldaten aus 48 Nationen am Hindukusch im Einsatz, darunter rund 4900 Bundeswehr-Soldaten. Ihre Aufgabe ist die Absicherung der Lage, so dass ein Wiederaufbau des Landes durch zivile Kräfte möglich ist. Außerdem bildet die Bundeswehr afghanische Soldaten aus und kämpft mit ihnen gemeinsam im Norden des Landes gegen die Taliban. Die größten Truppenkontingente sind in Masar-i-Scharif, Kundus, Feisabad und Kabul stationiert. Außerdem agiert die Truppe, die sich seit dem Strategiewechsel im Sommer häufig Kämpfe mit den Taliban lieferte, inzwischen von etlichen Außenposten aus. (afp/dapd/rtr)