Berlin. Der offenbar feststehende Wechsel von Wolfgang Schäuble ins Finanzressort entlockt selbst der Opposition leises Lob. Umfragenliebling Karl-Theodor zu Guttenberg zieht es ins Verteidigungsministerium und damit zurück in die außenpolitische Sphäre.
Der eine hatte schon so gut wie jedes Amt inne, der andere wurde zuletzt für fast jedes gehandelt. Mit Wolfgang Schäuble (CDU) und Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bleiben zwei unterschiedliche Schwergewichte dem zweiten Kabinett Merkel erhalten. An anderen Positionen. Selbst Verhandlungsführer der Liberalen waren gestern Mittag von den Socken. Wolfgang Schäuble (CDU), Deutschlands oberster Anti-Terror-Sachwalter, soll also künftig auf die Staats-Euros aufpassen. Für Außenstehende ein unerwarteter Schachzug.
Dass der 67-Jährige nun auf die Schaltstelle rückt - das Finanzministerium besitzt faktisch umfassende Zuständigkeiten - überrascht aber nur auf den ersten Blick. Schäuble ist die politische Allzweckwaffe der Union. Er war von 1989 bis 1991 Bundesinnenminister. Er war Fraktions- und Parteivorsitzender, einer der engsten Weggefährten von Helmut Kohl und 2004 sogar lange Zeit informeller Bundespräsidentenkandidat. Die Beschäftigung mit seiner Person, die seit einem Attentat 1990 im Rollstuhl sitzt, gleicht dem Spiel mit einer dieser russischen Holzpuppen, in denen immer noch eine neue Figur verborgen ist.
Auch wenn der Badener zuletzt in der Öffentlichkeit vorwiegend als Streiter für Recht und innere Ordnung wahrgenommen wurde: fachfremd ist ihm der Finanzbereich nicht. Neben Jura hat er auch Wirtschaft studiert, wenn auch ohne Abschluss. Und sein Berufsleben begann in der Steuerverwaltung von Baden-Württemberg. Mitte der 90er Jahre war Schäuble an diversen Steuerreformvorhaben beteiligt. Schon 2005, als der damalige bayrische Ministerpräsident Stoiber (CSU) vor der Verantwortung in Berlin zurückschreckte, soll Merkel den Mann auf dem Posten des Finanzministers gesehen haben, dem sie einst im Nachklang der Parteispenden-Affäre den CDU-Parteivorsitz abnahm.
In den Koalitionsverhandlungen soll Schäuble öfter zu den Staatsfinanzen Stellung genommen haben. Dazu passt im Nachhinein manche Grundsatzrede, die der als hartnäckig bis stur in der Sache geltende Schäuble zu Ursachen und Folgen der Finanzkrise gehalten hat. Leises Lob kommt sogar von der Opposition. „Das ist eine seriöse Lösung für eine unseriöse Politik”, sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD, Joachim Poß. „Von Wolfgang Schäuble ist zu erwarten, dass er die Verfassungsgrenzen einhält.”
Umfrageliebling Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), auch er ein politisches Multitalent, standen zwei Ministerämter offen: Innen und Verteidigung. Dass sich der 37-Jährige fürs Militärische entschied, fügt sich in die politische Biographie. In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion machte der Baron früher als außenpolitisch sachkundiger und interessierter Parlamentarier auf sich aufmerksam. Insbesondere die Afghanistan-Politik der Vorgänger-Regierung war ihm zu wenig konsequent und in der öffentlichen Darstellung zu unaufrichtig.
Mehrfach sprach sich Guttenberg dafür aus, die verschiedenen Einsatz-Mandate am Hindukusch, den Kampfauftrag der Amerikaner und den Wiederaufbau- und Schutzauftrag der Bundeswehr zu verbinden; auch mit der Konsequenz, dann deutsche Truppen auch in den gefährlichen Süden Afghanistans zu schicken. Zitat aus dem September 2008: „Bis heute leisten wir uns eine merkwürdige Verdruckstheit, warum unsere Soldaten in Afghanistan stehen. Wir reden ständig davon, dass es Werte gibt, die wir an unseren Grenzen nicht mehr sichern können. Aber die wenigsten trauen sich zu sagen, dass die Bundeswehr nicht zum Winken und Brunnenbuddeln da ist, sondern dass ein Soldat auch einmal die Waffe in die Hand nehmen muss.” Eine Tonlage, die in der Truppe vermutlich gern gehört wird.