Berlin. Der Wechsel des bisherigen Innenministers Wolfgang Schäuble ins Finanzressort gilt als große Überraschung. Sein neues Amt gehört zu den schwierigsten in der schwarz-gelben Bundesregierung. Auf der einen Seite muss er sparen, auf der anderen Seite versprochene Steuersenkungen ermöglichen.

Zugetraut wird Wolfgang Schäuble viel, doch die erwartete Berufung zum Finanzminister im schwarz-gelben Kabinett ist trotzdem eine faustdicke Überraschung. Der 67-jährige bisherige Innenminister übernimmt damit einen der wohl schwierigsten Jobs in der neuen Regierung. Denn er muss das Kunststück fertig bringen, die Finanzen des Bundes zusammenzuhalten und zugleich die von Schwarz-Gelb versprochenen Steuersenkungen zu ermöglichen.

Zwar hat sich Schäuble in den vergangenen Jahren nicht besonders als Finanzpolitiker hervorgetan, aber völlig neu ist das Terrain für ihn nicht. Als Leiter einer CDU-Kommission erarbeitete er 1996 als damaliger Unionsfraktionschef das Konzept für eine grundlegende Steuerreform unter dem Motto «Weniger Steuern - mehr Arbeitsplätze» - das allerdings die SPD im Bundesrat blockierte.

"Architekt der deutschen Einheit"

Schäubles Karriere ist von vielen Aufs und Abs gekennzeichnet. Der am 18. September 1942 in Freiburg geborene Rechtsanwalt wurde Anfang der achtziger Jahre Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, bevor ihn Helmut Kohl 1984 zum Kanzleramtsminister berief. Fünf Jahre später übernahm er das Innenministerium. Als Verhandlungsführer über den Einigungsvertrag mit der DDR wurde er als «Architekt der deutschen Einheit» gefeiert. Wenige Tage nach der Wiedervereinigung wurde Schäuble bei einem Attentat schwer verletzt, seither ist er auf den Rollstuhl angewiesen.

Als Unionsfraktionschef zog Schäuble ab 1991 die Fäden, auch wenn er nicht - wie oft spekuliert - Kohl als Kanzler beerben konnte. Nach der Wahlniederlage der Union von 1998 übernahm Schäuble zusätzlich den CDU-Vorsitz, doch schließlich begann sein Stern im Zuge der CDU-Spendenaffäre zu sinken. Wegen seiner Verstrickung in die Affäre um die Parteispende des Waffenhändlers Karlheinz Schreiber legte er im Februar 2000 seine beiden CDU-Führungsämter nieder.

Harte Linie bei der Terrorbekämpfung

Doch das Ende seiner politischen Karriere war das keineswegs: 2002 wurde er Unionsfraktionsvize mit der Zuständigkeit für die Außenpolitik. Später scheiterte er mit seinen Ambitionen, 2004 das Bundespräsidentenamt zu übernehmen. Ein großes Comeback gelang ihm im Jahr darauf mit der erneuten Übernahme des Innenministeriums in der großen Koalition. Er setzte auf eine harte Linie bei der Terrorbekämpfung, etwa mit dem umstrittenen BKA-Gesetz. Mit dem bisherigen Koalitionspartner SPD scheute er keinen Konflikt, insbesondere nicht mit der scheidenden Justizministerin Brigitte Zypries (SPD).

In Berlin war mit Spannung erwartet worden, ob es zu einem ähnlich spannungsgeladenen Verhältnis von Schäuble und der wahrscheinlichen neuen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kommen wird. Beide hatten in den Koalitionsverhandlungen in der Sache hart, aber fair miteinander gerungen. Doch aus dem spannenden Duo wird nichts. Auf Schäuble warten nun als Nachfolger des SPD-Finanzministers Peer Steinbrück ganz andere Aufgaben. (ap)