Moskau. . Die russische Staatsführung hat nach dem Selbstmordanschlag am Moskauer Flughafen Domodedowo Entschlossenheit demonstriert. Medwedew sagte, die Sicherheit des Flughafens habe sich „im Zustand der Anarchie“ befunden. Putin schwört Rache.
Die russische Staatsführung hat nach dem Selbstmordanschlag am Moskauer Flughafen Domodedowo Entschlossenheit demonstriert. Ministerpräsident Wladimir Putin schwor am Dienstag Rache, Präsident Dmitri Medwedew kündigte an, die Verantwortlichen für Sicherheitslücken zu bestrafen.
Experten wiesen aber darauf hin, dass öffentliche Bereiche an Flughäfen nur schwer zu schützen seien. Unter den 35 Opfern des Anschlags ist auch ein 34-Jähriger aus Köln. Medwedew sagte, die Sicherheit des Flughafens habe sich „im Zustand der Anarchie“ befunden. Die dortigen Manager müssten die Verantwortung übernehmen. Doch diese wiesen das zurück und erklärten, zuständig sei die russische Verkehrspolizei.
Anschlag in Moskau
Das Opfer aus Köln arbeitete für den Heiz- und Klimatechnikspezialisten Vaillant, wie ein Sprecher des Unternehmens am Dienstag auf dapd-Anfrage in Remscheid mitteilte. Der Mann sei als Fachmann für Logistik nach Russland geflogen, um dort ein Projekt einer russischen Tochterfirma zu betreuen. Das russische Katastrophenschutzministerium teilte mit, es seien mindestens sechs weitere Ausländer getötet worden. Sie stammten demnach aus Großbritannien, Österreich, der Ukraine, Tadschikistan, Kirgistan und Usbekistan. Bei 16 Opfern handele es sich um Russen, die übrigen zwölf seien noch nicht identifiziert worden. Von den 180 Verletzten wurden 110 im Krankenhaus behandelt.
Militante Tschetschenen im Verdacht
Es bekannte sich niemand zu der Tat. Der Verdacht fiel aber auf militante Tschetschenen, die auch schon früher Anschläge in Russland verübten, etwa im vergangenen Jahr auf die Moskauer U-Bahn. Damals kamen 40 Menschen ums Leben.
Medwedew, der trotz des Präsidentenamts oft nur als zweiter Mann hinter Ministerpräsident Wladimir Putin gesehen wird, bemühte sich, seine Macht zu demonstrieren. „Ich weise den Innenminister an, für die Transportsicherheit verantwortliche Beamte zu nennen, die entlassen oder anderweitig bestraft werden können“, sagte der Staatschef. Der Geheimdienst FSB bekam ähnliche Anweisungen. Medwedew verlangte die vollständige Überprüfung der Passagiere und des Gepäcks. „Für die Passagiere wird es länger dauern, aber das ist der einzige Weg.“
Nach dem Anschlag verschob Medwedew seine Abreise zum Weltwirtschaftsforum in Davos, wo er am Mittwoch (26. Januar) die Eröffnungsrede halten sollte. Laut Kremlangaben will Medwedew auch weiterhin nach Davos reisen.
„Sicherheitsvorkehrungen unzureichend“
Der Anschlag dürfte das Vertrauen ausländischer Geldgeber weiter schwächen. Das ist ohnehin schon angeschlagen nach dem umstrittenen Urteil im Dezember gegen den früheren Öl-Milliardär Michail Chodorkowski, der zu sechs weiteren Jahren Haft verurteilt worden war.
Die Explosion ereignete sich im internationalen Ankunftsbereich des Flughafens, wo auch Menschen ohne Flugschein die ankommenden Passagiere treffen können. Der Chef des Nationalen Antiterror-Ausschusses, Nikolaj Sintsow, nannte die Sicherheitsvorkehrungen am Flughafen unzureichend. So habe es keine Metalldetektoren im Eingangsbereich gegeben.
Auf einer Konferenz in Brüssel sagten Experten aber, dass es absolute Sicherheit an Flughäfen kaum geben könne. „Wie jeder andere überfüllte öffentlichen Ort, sei es ein U-Bahnhof, ein Einkaufszentrum oder ein Fußballstadion, werden wir einen Flughafen niemals unangreifbar machen“, sagte der Pilot und Luftfahrtautor Patrick Smith.
Untersuchungen dauern an
Russische Ermittler untersuchten am Dienstag noch, wie genau der Anschlag ablief. In Medienberichten war davon die Rede davon, dass es zwei Attentäter waren, darunter eine Frau. Eine Bestätigung dafür gab es nicht. Die Bombe explodierte um 16.32 Uhr (Ortszeit), sie war mit Schrauben und Kugellagern gespickt, um möglichst viele Menschen zu töten oder zu verletzten.
Papst Benedikt XVI. drückte Medewedew in einem Telegramm sein Beileid aus. Er fühle spirituelle Nähe zu den Familien der Opfer. Seit einem Besuch des Kirchenoberhaupts beim russischen Präsidenten hat sich das früher angespannte Verhältnis zwischen dem Vatikan und Russland deutlich verbessert. (dapd)