Moskau. . Ein Bombenanschlag tötet am Moskauer Flughafen Domodedowo mehr als 30 Menschen. Offenbar nutzte ein Selbstmordattentäter, dass es für den Wartebereich keine Sicherheitskontrollen gab. Und Polizisten sich vor allem für Schmiergeld interessieren.
Wie auf anderen Flughäfen ballt sich auch in Moskau Domodedowo ständig eine wartende Menschentraube vor der elektronischen Anzeigetafel: „Prilety“ – „gelandete Flüge“. In diesem Bereich im linken Flügel des Flughafengebäudes drängeln sich hunderte Verwandte, Freunde, Geschäftspartner der eintreffenden Passagiere, ihre Chauffeure oder Taxifahrer. Die Abfertigungszeiten in Domodedowo sind in der Regel kurz, meist müssen die Wartenden sich nicht länger als eine Viertelstunde gedulden, bis ihre Reisenden aus der Zollkontrolle kommen.
Gestern aber endete die Wartezeit für viele mit dem Tod. Gegen 14.40 Uhr mitteleuropäischer Zeit explodierte unter dieser Anzeigetafel ein Sprengsatz mit einer Stärke von mindestens 7 Kilo Sprengstoff, der mit Stahlschrot versetzt war. Die Bombe tötete mehr als 30 Menschen sofort, über 100 wurden verletzt. Augenzeugen berichteten von grausigen Szenen im Flughafengebäude. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden über 51 Verwundete in Krankenhäuser eingeliefert, 35 von ihnen sollen lebensgefährlich verletzt sein.
Laut Agentur Interfax wurde im Flughafen zeitweise das Licht ausgeschaltet, viele Mobiltelefone hatten keinen Empfang mehr. Erste Videoaufnahmen zeigen Gestalten, die mit einer Taschenlampe durch den Rauch irren unter der blinden Anzeigetafel, jemand zerrt einen Koffer davon, auf dem Boden liegen leblose Körper. Laut der Nachrichtenagentur Ria Nowosti gehen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass ein Selbstmordattentäter die Bombe gezündet hat. Ein Katastrophenschützer erklärte der Internetzeitung gazeta.ru vor Ort, trotz der Stärke der Explosion habe es keinen Bombentrichter gegeben. „Offensichtlich trug ein Mensch die Bombe unter seiner Kleidung, etwa in Bauchhöhe, sonst hätte es einen Trichter gegeben.“ Laut Interfax haben die Ermittler bereits die sterblichen Reste des mutmaßlichen Täters entdeckt, sein Kopf sehe arabisch aus, sein Alter liege zwischen 30 und 35 Jahren. Drei seiner mutmaßlichen Helfer sind zur Fahndung ausgeschrieben.
Der Betrieb ging weiter
Nach offiziellen Angaben gab es keine Panik, der Flughafen stellte seinen Betrieb nicht ein, Flüge aus dem Inland und der GUS wurden weiter empfangen, andere auf die Moskauer Flugplätze Scheremetjewo und Wnukowo umgeleitet. Allerdings berichteten Autofahrer, dass Krankenwagen auf dem Weg nach Domodedowo im Stau stecken blieben. Und die Taxifahrer am Flughafen sollen nach dem Anschlag für eine Fahrt nach Moskau bis zu umgerechnet 500 Euro verlangt haben.
Es gab Warnungen
Wie eine Quelle aus dem Sicherheitsdienst des Flughafens dem Nachrichtenportal Life News sagte, habe es schon eine Woche vor dem Anschlag Terrorwarnungen gegeben. Dabei sei sogar der Ort der Explosion genannt worden. „Aber in den vergangenen Monaten wurde die Hälfte des Sicherheitspersonals entlassen“ zitiert Life News den Sicherheitsmann. „Und die Polizei hatte nichts anderes zu tun, als Passagiere aus Mittelasien zu drangsalieren.“ Zwei regelmäßige Passagiere des Flughafens Domodedowo bestätigten unserer Zeitung, dass die Polizisten auf dem Flughafen mit Vorliebe Tadschiken und Usbeken kontrollieren und ihnen für vermeintlich mangelhafte Dokumente Schmiergeld abpressen. Gleichzeitig werde schon seit Jahren an dem Eingang, der vom Parkplatz in den Wartebereich führt, niemand kontrolliert, obwohl dort ein Metalldetektor steht. In letzter Zeit habe es auch an den anderen Eingangstüren keine Kontrollen mehr gegeben.
„Ich bin sehr oft hier“, sagte einer der Passagiere. „Die Polizei schert sich nicht um die Sicherheit. Für einen Terroristen ist es kein Problem, seine Bombe in den Flughafen zu bringen und dort zur Explosion zu bringen.“