Berlin. .
Wenn die Sicherheitslage es zulässt, soll noch in diesem Jahr mit einem Teilabzug der Bundeswehr aus Afghanistan begonnen werden. Darauf einigte sich das Bundeskabinett.
Die Bundeswehr soll bis Ende dieses Jahres mit einem Teilabzug der zurzeit 4750 in Afghanistan stationierten Soldaten beginnen. Vorausgesetzt, die Sicherheitslage lässt das zu. Das ist der Kern des neuen Mandats für den seit 2001 laufenden Einsatz, das die Bundesregierung gestern beschlossen hat.
Am 28. Januar hat der Bundestag das letzte Wort. Zu erwarten steht eine klare Mehrheit von Union, FDP, SPD und Teilen der Grünen bei Gegenstimmen der Linkspartei. Die neue rechtliche Grundlage für den Einsatz, der nach allen Meinungsumfragen von einer Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird, gilt bis Ende Januar 2012. Sie schreibt für die Bundeswehr wie zuletzt eine Obergrenze von 5350 Soldaten vor, 350 davon gelten als Reserve.
Der wichtigste Satz in dem siebenseitigen Papier für den Bundestag lautet: „Die Bundesregierung ist zuversichtlich, im Zuge der Übergabe der Sicherheitsverantwortung die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 reduzieren zu können und wird dabei jeden sicherheitspolitisch vertretbaren Spielraum für eine frühestmögliche Reduzierung nutzen, soweit die Lage dies erlaubt und ohne dadurch unsere Truppen oder die Nachhaltigkeit des Übergabeprozesses zu gefährden.“
Etliche Bedingungen
Das heißt: Ein Abzug ist an etliche Bedingungen geknüpft, von denen heute kein Regierungsmitglied weiß, ob sie in zwölf Monaten erfüllt sein werden. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) betonte darum gestern die Unbestimmtheit des Abzugs-Szenarios. „Die Entscheidungen sind dann zu treffen, wenn sie tatsächlich auch entscheidungsreif sind“, sagte er nach der Kabinettsentscheidung – ein Seitenhieb auf den Kabinettskollegen Guido Westerwelle.
Anders als der Außenminister (FDP), der sich dadurch mehr Druck auf die afghanische Regierung verspricht, wollte der Verteidigungsminister (CSU) bis zuletzt keine exakte Festlegung noch für dieses Jahr. Die kompromisshaften Formulierungen im Mandatstext sind Ausdruck der Rivalität zwischen den beiden.
Grüne: Klares Abzugsdatum
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin nannte den Text der Bundesregierung „windelweich“, verlangte ein klareres Abzugsdatum. Er rechne nicht damit, dass die Mehrheit der Grünen-Abgeordneten in zwei Wochen der Mandatsverlängerung zustimmen wird.
Wie viele Soldaten die Regierung im optimalen Fall bis Weihnachten 2011 nach Hause holen könnte, bleibt Spekulation. Experten im Auswärtigen Amt wie im Verteidigungsministerium gehen allenfalls von einer „symbolischen Größenordnung“ aus; zumal der US-Oberbefehlshaber in Afghanistan, General David Petraeus, erwartet, dass Isaf-Soldaten, die in befriedeten Provinzen abgezogen werden, nicht nach Hause fahren, sondern in anderen Landesteilen zum Einsatz kommen. Wohl auch darum erklärte der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, gestern in einem Interview: „Die Soldaten glauben ohnehin nicht an diese Daten und den Zeitplan.“