Berlin. .

Das Ansehen des Westens, inklusive Deutschlands, bei den Afghanen ist auf dem Tiefpunkt. Im Nordosten des Landes haben laut Umfrage nur noch 46 Prozent ein positives Bild von Deutschland. 2007 waren es noch 75 Prozent gewesen.

Neun Jahre nach dem Einmarsch der US-Armee in Afghanistan ist das Ansehen des Westens in der dortigen Bevölkerung auf dem Tiefpunkt. Wie aus einer von WDR/ARD, ABC, BBC und „Washington Post“ am Montag veröffentlichten Umfrage hervorgeht, stellen zwei Drittel der repräsentativ befragten Afghanen den USA und ihren Verbündeten ein negatives Zeugnis aus. Im Einsatzgebiet der Bundeswehr im Nordosten des Landes haben demnach nur noch 46 Prozent ein positives Bild von Deutschland, bei der Sympathiefrage im Sommer 2007 waren es noch 75 Prozent gewesen.

Vier von zehn Befragten im Nordosten sind der Ansicht, die NATO nehme immer weniger Rücksicht auf zivile Opfer. Die Zahl derer, die Anschläge auf NATO-Einheiten befürworten, hat im Nordosten mit 39 Prozent ein Allzeithoch erreicht. Innerhalb der vergangenen zwei Jahre hat sich die Zahl der Bewohner im Nordosten mit einem positiven Urteil zur deutschen Einsatzleistung von 45 Prozent auf 21 Prozent mehr als halbiert und die Zahl der Kritiker von 8 auf 27 Prozent mehr als verdreifacht.

Mehrheit der Afghanen bewertet den Einsatz der Deutschen als negativ

Knapp die Hälfte der Befragten sieht Deutschlands Rolle „neutral“. Bezogen auf ganz Afghanistan ist die Zahl derjenigen, die den deutschen Einsatz negativ einschätzen, mit 28 Prozent erstmals höher als die derjenigen, die ihn positiv sehen (25 Prozent).

Auch den USA schreiben erstmals mehr Afghanen eine negative (43 Prozent) als eine positive Rolle (36 Prozent) zu. Nur 20 Prozent beurteilen die USA „neutral“. 59 Prozent sind gleichwohl der Ansicht, das Land bewege sich in die richtige Richtung, wobei die Erfolge den afghanischen Akteuren zugerechnet werden.

Mangel an Jobs wird kritisiert

Sorgen macht den Afghanen vor allem die anhaltende Gewalt sowie der Mangel an Jobs und die fehlende Möglichkeit, sich eine eigene wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Nur noch 43 Prozent der Befragten sehen die Tätigkeit internationaler Hilfsorganisationen insgesamt positiv, 67 Prozent sind überzeugt, dass die Gelder zu einem großen Teil in dunklen Kanälen verschwinden. Rund 90 Prozent sehen in der allgegenwärtigen Korruption ein erhebliches Problem.

Nach neun Jahren Krieg setzen fast Dreiviertel der Afghanen nicht auf eine militärische, sondern auf eine Verhandlungslösung unter Regierungsbeteiligung der Taliban. Eine große Mehrheit unterstützt einen schnellen Abzug der ausländischen Truppen.

Die nunmehr sechste Afghanistan-Umfrage fand im November in allen 34 Provinzen des Landes statt. (afp)