Berlin. Der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag stößt bei der Opposition auf harsche Kritik. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf Union und FDP am Samstag einen "grandiosen Fehlstart" vor. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth zeigt sich über die Kabinetts-Besetzung fassungslos.
Der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag stößt bei der Opposition auf harsche Kritik. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf Union und FDP am Samstag einen «grandiosen Fehlstart» vor. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi sprach von einer «Koalition der sozialen Spaltung». Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte, sie sei «fassungslos» angesichts der schwarz-gelben Personalentscheidungen.
Steinmeier kritisierte, das neue Regierungsbündnis habe «keinen Kurs und keinen Plan für die Zukunft unseres Landes». Der Koalitionsvertrag schaffe in den meisten Feldern mehr Durcheinander als Klarheit. Der SPD-Fraktionschef sagte voraus: «Schwarz-Gelb wird die soziale Spaltung in unserem Land vertiefen statt bekämpfen.» Die Arbeitnehmer müssten mit steigenden Beiträgen rechnen.
Steinmeier fügte hinzu, Union und FDP hätten keine Strategie für das notwendige Wirtschaftswachstum. Mitten in der Krise zerstöre zudem die neue Koalition die Struktur der Arbeitsvermittlung und setze auf eine «Energiepolitik von gestern».
Gysi fürchtet Entsolidarisierung
Gysi sagte: «Mit dieser Koalition gewinnt das Land keine Zukunft.» Union und FDP verweigerten «eine gerechte Verteilung der Krisenkosten genauso wie entscheidende Weichenstellungen, um künftige Krisen zu verhindern». Zugleich werde der «Weg der Privatisierung sozialer Risiken» fortgesetzt. Gysi fügte hinzu: «Entsolidarisierung wird zur Staatsräson des schwarz-gelb regierten Deutschland.»
Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der Nachrichtenagentur ddp, die geplante Steuerentlastung zeige, «dass das FDP-Wohl über das Gemeinwohl gestellt wird». Nur damit die FDP «halbwegs» ihre Steuerversprechen halten könne, «wird Geld ausgegeben, das wir nicht haben».
Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke kündigte eine harte Oppositionsarbeit gegen die «schwarz-gelbe radioaktive Bundesregierung» an. Die Grünen würden nicht tatenlos zusehen, wie die «soziale Abrissbirne» in Deutschland angesetzt werde. Der vorgelegte Koalitionsvertrag sei das «Gegenteil von einem Schutzschirm für Arbeitnehmer und sozial Schwache».
DGB-Chef fürchtet versteckte Umverteilung
Kritik kam auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer sagte: «Versteckte Umverteilung von unten nach oben, verschobene, aber klar konturierte Einschnitte in die Sozialsysteme und Verzagtheit bei der Krisenbekämpfung und Krisenbewältigung - diesen Geist atmet der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag.»
Zwar registriere der DGB «sehr wohl, dass die Kanzlerin in Sachen Tarifautonomie, Mitbestimmung und Kündigungsschutz Wort gehalten hat». Viele Entscheidungen trügen aber «eine klare FDP-Handschrift» und müssten «als Angriff auf den Sozialstaat und damit auch auf die Positionen der Gewerkschaften gewertet werden». So sei die Weichenstellung in Fragen der Gesundheits- und Pflegepolitik «fatal und falsch». Sommer bot jedoch dem neuen Arbeitsminister Franz Josef Jung (CDU) «eine konstruktive Zusammenarbeit an». (ddp)