Rostock. Grünen-Chefin Claudia Roth hat ihre Partei auf einen harten Oppositionskurs gegen Union und FDP eingeschworen. Macht euch auf heiße Auseinandersetzungen gefasst», sagte sie in Richtung von CDU-Chefin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle.

Die Grünen wollen einen harte Oppositionkurs gegen die neue schwarz-gelbe Bundesregierung einschlagen. Für eine scharfe Kampfansage an Bundeskanzlerin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle erhielt die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth am Samstag auf dem Bundesparteitag in Rostock frenetischen Beifall. Sie warf CDU/CSU und FDP vor, mit einer unsozialen Politik den inneren Frieden zu gefährden. Damit zeigten sie, wie richtig die Absage der Grünen an eine Jamaika-Koalition im Bund sei. Der Streit darüber wurde auf dem Parteitag mit einem Kompromiss beigelegt.

Auf der bis Sonntag dauernden Bundesdelegiertenkonferenz wollen die Grünen eine Kursbestimmung für die nächsten vier Jahre vornehmen. Als umstritten galt vor allem die Haltung zur Jamaika-Koalition, wie sie jetzt im Saarland mit CDU und FDP angestrebt wird. Im Grundsatzantrag des Bundesvorstands ist von einem «saarländischen Experiment» die Rede, das kein Modell für den Bund sei. Fraktionschefs der Grünen aus mehreren Landtagen hatten zunächst in einem eigenen Antrag auf mehr Offenheit gedrungen und wollten künftig keine Koalitionsoption mehr rundweg ausschließen.

Der Antrag wurde aber in Rostock zurückgezogen, nachdem der Bundesvorstand der Grünen einzelne Formulierungen aus diesem und anderen Gegenpapieren aufgenommen hatte. Der Satz zur Jamaika-Koalition als kein Modell für den Bund blieb jedoch unverändert.

Der saarländische Grünen-Chef Hubert Ulrich verteidigte in Rostock unter starkem Beifall, aber auch einigen Buhrufen das Bündnis mit CDU und FDP in seinem Bundesland. Schließlich hätten die Grünen die Abschaffung der Studiengebühren, keinen Neubau von Kohlekraftwerken, eine Schulreform und die Absage an längere Atomlaufzeiten durchgesetzt. Andere Delegierte kritisierten die Jamaika-Koalition an der Saar dagegen deutlich und nannten Rot-Rot-Grün die bessere Alternative.

Gegen Kuscheln oder «Teetrinken mit Frau Merkel»

Ähnlich wie Roth warnten auch der Co-Vorsitzende Cem Özdemir und Fraktionschefin Renate Künast vor den rund 800 Delegierten davor, schon jetzt für die nächste Bundestagswahl 2013 Festlegungen zu treffen. Jetzt sei 2009, und da sei eine knallharte Opposition gegen die neue Bundesregierung gefragt, rief Roth aus. «Wir kuscheln nicht mit Schwarz-Gelb. Teetrinken mit Frau Merkel ist keine Priorität», fügte die Grünen-Vorsitzende hinzu.

Die großen Erfolge bei dem zurückliegenden Wahlmarathon hätten den eigenständigen Kurs der Grünen bestätigt, sagte Roth und warnte vor Beliebigkeit. Sie sei auch felsenfest davon überzeugt, «dass es absolut richtig war, dass wir Jamaika absolut ausgeschlossen haben». Mit dem jetzt präsentierten Koalitionsvertrag und der Kabinettsliste habe sich «Schwarz-Gelb um Lichtjahre von uns Grünen weggebeamt», fuhr die Parteichefin unter starkem Beifall fort.

Längere Atomlaufzeiten dienten nicht dem Klimaschutz, sondern einem «Super-Monopolprofit» und dem Aus für erneuerbare Energien. Zudem drohe soziale Eiszeit. Das höhere Schonvermögen betreffe nur 0,2 Prozent der Hartz-IV-Empfänger, für alle anderen ändere sich nichts. «Von 351 Euro im Monat kann kein Mensch in Würde leben», sagte Roth, eine Herdprämie könne keine Politik gegen himmelschreiende Kinderarmut ersetzen.

FDP bei Bürgerrechten «umgefallen»

Stattdessen gebe es weniger Netto vom Brutto durch einen radikal unsozialen Umbau des Gesundheitssystem. «Boss und Chauffeur auf dem Weg zur ganz großen Gleichheit - bei den Beitragssätzen», kritisierte die Grünen-Vorsitzende. Und bei der FDP sei der «Bürgerrechtslack» ab. Es bleibe bei Online-Durchsuchung und Vorratsdatenspeicherung, hinzu komme eine Visa-Warn-Datei. «Mehr Umfallen war nie», kritisierte Roth und bezeichnete die Grünen als «moderne Linke». Künast reklamierte für die Partei das Ziel einer Meinungsführerschaft in der Opposition. (ap)