Berlin. .

Linke-Chefin Gesine Lötzsch hat nach der Debatte um ihre umstrittenen Kommunismus-Themen die Teilnahme an einer Podiumsdiskussion abgesagt. Gesprochen und sich verteidigt, hat sich Lötzsch dennoch.

Und wieder geht ein Gespenst um - vielleicht nicht gerade in Europa, aber doch zumindest in der Bundespolitik. Das Gespenst des Kommunismus oder - wie es Linken-Politikerin Ulla Jelpe nennt - das „böse K-Wörtchen“. Jelpe steht am Samstagabend auf der Bühne des Humboldtsaals der Berliner Urania und muss Hunderten von Genossen, die eben noch „Hoch die internationale Solidarität!“ skandierten, eine betrübliche Nachricht überbringen: Ihre Parteichefin Gesine Lötzsch wird an diesem Abend nun doch nicht, wie angekündigt, an der mit Spannung erwarteten Podiumsdiskussion teilnehmen.

Mit vier weiteren linken bis extrem linken Frauen hätte Lötzsch hier debattieren sollen. Darunter auch die DKP-Vorsitzende Bettina Jürgensen und die ehemalige RAF-Terroristin Inge Viett. Das Thema: „Wo bitte geht?s zum Kommunismus?“ Das Interesse ist groß, der Saal brechend voll. Niemand wird mehr eingelassen; wer auf die Toilette muss, darf nicht mehr zurück in den Saal.

Lötzsch will mit Ex-Terroristin nicht gesehen werden

Und jetzt? „Die Antidemokraten“, so Jelpe, „haben es geschafft, Gesine ein stückweit zum Rückzug zu bewegen.“ Die Diskussion müsse daher ohne sie stattfinden. Aber immerhin: Lötzsch werde zuvor zu den Konferenzteilnehmern sprechen. Nur auf dem Podium mit einer reuelosen ehemaligen Terroristin, so scheint es, da will sie nicht gesehen werden. Doch wäre nicht gerade das die beste Gelegenheit, im Schlagabtausch mit Viett, die Unterschiede in der Gesinnung zu betonen und ihre Kritiker Lügen zu strafen? Diese Frage beantworten weder Jelpe noch Lötzsch.

Seit drei Tagen bringt das K-Wörtchen schon die Gemüter in Wallung und Lötzsch in Bedrängnis. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt brachte sogar schon ein Verbot der Linken ins Gespräch. SPD-Chef Sigmar Gabriel sah sich veranlasst, eine Koalition mit den Linken auf Bundesebene auszuschließen. Auslöser war ein Artikel, den Lötzsch im Vorfeld der Veranstaltung für die marxistische Zeitung „Junge Welt“ geschrieben hat. Darin kommt sie unter der Überschrift „Wege zum Kommunismus“ zu dem Schluss, dass es viele Bausteine seien, mit denen man darum kämpfe, „die Profitdominanz über Wirtschaft und Gesellschaft zu überwinden“, und „dass dem demokratischen Sozialismus die Zukunft gehört“.

„Ich bin eine demokratische Sozialistin“

„Ich bin eine demokratische Sozialistin“, sagt Lötzsch auch jetzt in der Urania, nachdem sie mit überwältigendem Applaus und „Gesine, Gesine“-Rufen begrüßt worden ist. Die Reaktionen von Medien und Politik auf ihren Artikel seien hysterisch. „Wenn jetzt einige Politiker der Meinung sind, dass ich keine Demokratin bin und nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehe, ist das eine Unverschämtheit.“ Sie sei „mit Haut und Haaren Demokratin“, betont die Parteichefin. Gerade von Bundestagskollegen, die für den „völkerrechtswidrigen Krieg“ im Kosovo und in Afghanistan gestimmt hätten, lasse sie sich nicht erklären, was Demokratie sei.

Ihre politische Einstellung, so Lötzsch, schließe jede Art von autoritärem Sozialismus aus. Schon 1990 habe ihre Partei ganz klar mit dem Stalinismus gebrochen und sich bei den Opfern entschuldigt. Auch während sie den Artikel für die „Junge Welt“ verfasst habe, habe sie an die Opfer gedacht. „Wer behauptet, wir hätten die Verbrechen des Stalinismus nicht aufgearbeitet, ist ignorant oder böswillig.“ Aber: „Hätte Nelson Mandela vielleicht Herrn Seehofer fragen sollen, ob der ANC mit Hilfe von Kommunisten das Apartheidssystem stürzen darf?“ Ein gewagter Vergleich. Lötzsch setzt noch eins drauf: Wenn es nach Bayern ginge, behauptet sie, gäbe es in Südafrika noch immer das rassistische Regime, den mit dem hätten bayerische Firmen stets gute Geschäfte gemacht.

Kritik auch an Gregor Gysi

Aber auch ihrem Parteifreund und Fraktionschef Gregor Gysi bleibt Kritik nicht erspart: „Gregor Gysi hat nicht recht, wenn er meint, dass man den Begriff des Kommunismus nicht mehr verwenden darf.“

Noch Fragen? Nein. Jelpe jedenfalls, die angekündigt hatte, Lötzsch im Anschluss an die Rede noch zu interviewen, lässt nun doch von diesem Vorhaben ab. Die Parteichefin habe ohnehin schon alle noch offenen Fragen beantwortet. Und außerdem sei es ja auch schon spät. Zeit für die Podiumsdiskussion - die nun nicht mehr mit ganz so großer Spannung erwartet wurde. (dapd)