Hamburg. .

Gesine Lötzsch steht wegen ihrer umstrittenen Äußerungen zum Kommunismus in der Kritik. Auf dem Parteitag der Linken in Hamburg sah die Parteichefin keinen Anlass, sich zu distanzieren. Stattdessen kritisierte sie die „hysterische Reaktion“ auf ihre Thesen.

Für Linken-Chefin Gesine Lötzsch war es kein leichter Auftritt: Wenige Wochen vor der vorgezogenen Landtagswahl musste sie in Hamburg nicht nur die Wahlkämpferin geben, sondern auch sich selbst verteidigen. Seit Anfang der Woche steht Lötzsch wegen ihrer umstrittenen Äußerungen zum Kommunismus in der Kritik. Die Hamburger Linken bereiteten ihr auf dem Sonderparteitag am Samstag keinen umjubelten, aber zumindest einen zustimmenden Empfang. Lötzsch nutzte die Gelegenheit, um die „hysterische Reaktion“ auf ihre Thesen zu parieren.

Dank der Unterstützung der Basis sah Lötzsch in ihren 30-minütigen Ausführungen keinen Anlass, sich von ihrem Artikel in der linken Zeitung „Junge Welt“ zu distanzieren. Wenngleich sie betonte, dass sie die Argumente ihrer Kritiker heute in einen neuerlichen Beitrag einbeziehen würde. Damit sprach sie den 109 Delegierten in Hamburg aus den Herzen. Die Genossen werteten die Situation als mediale „Hetzkampagne“ gegen ihre Chefin und stärkten ihr den Rücken. Dabei könnten Lötzschs „Visionen“ den in Umfragen stabilen Hamburger Linken noch einen Strich durch die Rechnung machen.

Die Hansestadt befindet sich inmitten eines kurzen Wahlkampfs zur vorgezogenen Bürgerschaftswahl am 20. Februar. Aktuell liegen die Linken bei sieben Prozent, streben ein Ergebnis von um die zehn Prozent an. Viel Zeit bleibt ihnen dafür nicht, nachdem das schwarz-grüne Bündnis Ende November zerbrochen war. So hatte die designierte Linke-Fraktionschefin Dora Heyenn während der Kommunismus-Debatte warnend darauf hingewiesen, dass Unterstützung im Wahlkampf anders aussehe.

„Diffamierung“ von Lötzsch in den Medien

Distanzieren wollte sich am Samstag jedoch kein Delegierter. Vielmehr fielen Reaktionen wie „unsägliche Debatte“, „Diffamierung“ und Dämoniserung“ auf die derzeitige mediale Präsenz von Lötzsch. Wie die Parteichefin selbst verwies auch der Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch darauf, dass sich die Linke „stärker als alle anderen Parteien mit Demokratie auseinandergesetzt“ habe. Alle „Hetze“ entbehre jeglicher Grundlage, sagte Hackbusch.

In dem zu Beginn der Woche veröffentlichten Text über „Wege zum Kommunismus“ heißt es etwa: „Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung.“ Im letzten Satz sprach Lötzsch aber vom demokratischen Sozialismus als Zukunftsdevise.

In ihrer Hamburger Rede distanzierte sich Lötzsch deutlich vom Stalinismus. Mit dem Stalinismus habe die Partei bereits 1990 unwiderruflich gebrochen und sich bei den Opfern entschuldigt, sagte sie. Dies gelte weiterhin und werde von niemandem infrage gestellt.

„Natürlich ist jeder Mensch, der Verstand hat, nachdenklich“

Völlig unbeeindruckt von den vergangenen Tagen zeigte sich Lötzsch allerdings nicht. Zwar sei es das Los einer Parteichefin, auch Kritik aus den eigenen Reihen ertragen zu müssen, doch „natürlich ist jeder Mensch, der Verstand hat, nachdenklich“ - insbesondere, wenn es „Missverständnisse und Widersprüche“ gebe. Die Gefahr, den in diesem Jahr anstehenden sieben Landtagswahlen mit ihrem Artikel zu schaden, sieht sie jedoch nicht.

Klar gab sie die Marschrichtung vor, Ziel der Partei sei der demokratische Sozialismus. Die Gesellschaft steht laut Lötzsch vor grundsätzlichen Herausforderungen: „Wir haben hier in Hamburg Kinderarmut, wir haben in einer der reichsten Städte Deutschlands große soziale Probleme.“ Und sie beobachte, dass es in der Gesellschaft ein Bedürfnis gebe - nach Diskussionen, nach Visionen, nach Veränderungsmöglichkeiten.

„Und natürlich sind Diskussionen immer mit Begriffen verbunden“, sagte Lötzsch mit Blick auf die Kommunismus-Debatte. Für viele sei der Begriff mit Vergangenheit verbunden, auch mit Unterdrückung, mit Verbrechen. Entscheidend sei aber, dass über die Zukunftsgestaltung in der Gesellschaft nachgedacht werden müsse. „Und meine Botschaft ist: Wir als Linke treten für den demokratischen Sozialismus ein“, sagte Lötzsch.

SPD lehnt nach Äußerungen von Lötzsch Koalition im Bund ab

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat nach den Äußerungen der Linken-Vorsitzenden zum Kommunismus einer Koalition mit der Linkspartei nach der Bundestagswahl 2013 eine Absage erteilt. „Eine Partei, die solche Zweifel an ihrer demokratischen Grundorientierung zulässt, kommt als Partner für uns auf Bundesebene nicht in Frage“, sagte Gabriel der „Süddeutschen Zeitung“.

Wer glaube, den Kommunismus ausprobieren zu müssen, sei es in der Opposition oder gar in einer Regierung, „dem kann wohl niemand mehr helfen“, sagte Gabriel weiter. Auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ging im „Tagesspiegel“ angesichts der Äußerungen von Lötzsch auf Distanz zur Linkspartei: „Sollte das Führungspersonal der Linkspartei 2013 den Kommunismus als Ziel ihrer Politik ausgeben, wird sie in der deutschen Politik keine Koalitionspartner finden. Auch nicht die Sozialdemokratie.“ (afp, dapd)