Berlin.

Der Bundesrat hat die Hartz-IV-Reform vorerst gestoppt. Das Gesetz mit Bildungspaket und Erhöhung des Regelsatzes um fünf Euro für alleinstehende Erwachsene verfehlte in der Länderkammer die erforderliche Mehrheit.

Nach dem vorläufigen Scheitern der Hartz-IV-Reform im Bundesrat wird die Bundesagentur für Arbeit (BA) die geplante Erhöhung des Arbeitslosengeldes II um fünf auf 364 Euro nicht zum Jahresanfang auszahlen. Ohne abgeschlossene Gesetzgebung sei die Umsetzung der Regelsatzerhöhung nicht möglich, teilte die Behörde am Freitag in Nürnberg mit. BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt versicherte aber, dass die Erhöhung den derzeit etwa 4,5 Millionen erwachsenen Beziehern von Hartz IV rückwirkend ab Jahresanfang ausgezahlt werde, sobald das Gesetz in Kraft getreten sei.

Das von der Bundesregierung vorgelegte und vom Bundestag vor zwei Wochen gebilligte Gesetz war am Freitag im Bundesrat vorerst gescheitert. Das Regierungslager aus Union und FDP hat dort keine eigene Mehrheit. Es wurde erwartet, dass die Regierung noch am Freitag den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag anruft. Das Gremium soll am Mittag bereits informell zusammenkommen und eine Arbeitsgruppe einsetzen.

Bildungspaket für Kinder

Die SPD will Union und FDP im Vermittlungsausschuss zur Hartz-IV-Reform auch ein Entgegenkommen beim Mindestlohn abringen. Wenn sich Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) an diesem Punkt nicht bewege, werde es mit den Sozialdemokraten keine Verständigung geben, sagte der parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, im Interview der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. Bei einer Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes gehe es auch darum, das Lohnabstandsgebot zu erfüllen. „Und das funktioniert nur, wenn wir in Deutschland Mindestlöhne bekommen.“ Das gelte insbesondere für die Zeitarbeit.

Für bedürftige Kinder ist bei der Hartz IV-Reform ein Bildungspaket vorgesehen - mit Zuschüssen für Schulmaterial, Freizeitaktivitäten und Mittagessen in Schule und Kita. Der Widerstand gegen das Vorhaben war jedoch groß. Nun muss der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einen Kompromiss aushandeln.

„Wir wollen Ganztagsbetreuung statt Gutschein-Bürokratie“

Für die Beratungen stellte Oppermann eine lange Liste an Forderungen auf. Nötig sei eine transparente Berechnungsgrundlage für die Regelsätze. Das könne zu einer weiteren Anhebung der Sätze führen. Das Geld für das Bildungspaket müsse direkt an die Kommunen gehen und nicht - wie von der Bundesregierung geplant - an die Jobcenter. Auch die Kinder von Wohngeldempfängern müssten von den Zuschüssen profitieren. Dies wären 140.000 Jungen und Mädchen zusätzlich.

Außerdem forderte Oppermann den Einsatz von Sozialarbeitern an Schulen und den Ausbau von Ganztagsangeboten in Schulen und Kindergärten. „Wir wollen Ganztagsbetreuung statt Gutschein-Bürokratie“, sagte der SPD-Politiker.

Oppermann betonte: „Wir sind realistisch und erwarten nicht, dass unsere Forderungen zu 100 Prozent umgesetzt werden.“ Die SPD verlange aber „sichtbare Fortschritte“. Wenn von der Leyen bei den Regelsätzen, bei den Bildungschancen für Kinder und beim Mindestlohn nicht auf die SPD zugehe, könne sie nicht mit einem Ja zur Hartz-Reform rechnen. Oppermann fügte hinzu: „Wir können sehr schnell fertig werden, wenn Frau von der Leyen sich endlich bewegt.“ (rtr/dapd)