Berlin. .
Vor der Abstimmung im Bundesrat hagelt es erneut Kritik für die neue Hartz-IV-Reform. Die Bundesregierung habe Länder und Kommunen viel zu spät eingebunden, klagt der Paritätische Wohlfahrtsverband. Das Gesetz solle einfach durchgepeitscht werden.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband gibt der Bundesregierung die Schuld an der absehbaren Verzögerung der Hartz-IV-Reform. Die Regierung habe Fachleute, Länder und Kommunen viel zu spät eingebunden, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider im Interview mit der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. „Es war falsch, ein so wichtiges Gesetz so durchpeitschen zu wollen“, kritisierte er. Dass die schwarz-gelbe Koalition nun die SPD-geführten Länder für das Misslingen verantwortlich mache, sei „völlig unlauter“.
Die Länder hätten keine andere Wahl, als gegen die Reform zu stimmen, sagte Schneider. Das Gesetz sei „in der Sache völlig unzureichend“ und müsse dringend nachgebessert werden.
Am Saarland könnte es scheitern
Der Bundestag hatte Anfang Dezember mit schwarz-gelber Mehrheit eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene um 5 auf 364 Euro beschlossen. Für bedürftige Kinder soll es ein Bildungspaket geben - mit Zuschüssen für Schulmaterial, Freizeitaktivitäten und warmes Mittagessen in Schule und Kita. Im Bundesrat dürfte das Vorhaben am Freitag aber vorerst scheitern. Wie Anfang der Woche bekannt wurde, will sich das Saarland bei der Abstimmung zur Hartz-IV-Reform in der Länderkammer enthalten. Das Saarland ist im Bundesrat derzeit das Zünglein an der Waage. Ohne seine drei Stimmen hat das schwarz-gelbe Regierungslager dort keine Mehrheit.
Schneider appellierte an Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU), das Bildungspaket auch ohne Einigung am 1. Januar starten zu lassen. „Die Möglichkeit hätte sie - auch ohne Rechtsänderung.“ Eine Dienstanweisung an die Jobcenter reiche dafür aus. Er befürchte aber, dass von der Leyen den Start blockiere, um gegenüber den Ländern ein „Druckmittel“ in der Hand zu behalten, beklagte Schneider. „Hier wird mit den Kindern als Geisel politisch taktiert.“
Kommunen erwarten Entlastung
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte die Länder auf, das Vermittlungsverfahren für die Entlastung der Kommunen zu nutzen. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, es wäre ein „positives Signal zu Weihnachten“, wenn die Steuermehreinnahmen des Bundes den Kommunen und damit direkt den Bürgern zugute kämen. Diese müssten zunehmend unter höheren Gebühren, Abgaben und einer verfallenden Infrastruktur in den Städten und Gemeinden leiden.
Der Bund wolle mit dem Hartz-Gesetz die Heizkostenpauschale, das Wohnkindergeld und die Rentenversicherung für Erwerbslose streichen, sagte Landsberg. Das belaste die Kommunen zusätzlich mit 300 Millionen Euro pro Jahr. Das Vermittlungsverfahren biete auch die Chance, den Vorschlag von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aufzugreifen, dass der Bund die Kosten der sogenannten Grundsicherung in Höhe von 3,7 Milliarden Euro jährlich von den Kommunen übernimmt. (dapd/afp)