Im Vorraum der Sporthalle haben Seniorenbüro und die AWO den Tisch gedeckt. Ein Essen für Bedürftige.
„Für uns ist es das Weihnachtsfest“, sagt sie. Sie ist 40 Jahre alt, alleinerziehende Mutter von fünf Kindern und bezieht Hartz IV. Für Weihnachtsgeschenke reiche ihr Geld nicht, für das große Schlemmen am Heiligabend schon gar nicht. „Manchmal brauche ich drei oder vier Monate, bis ich das Geld für Kinderkleidung beisammenhabe“, erzählt sie. Doch gerade ihre Kinder sollen an Weihnachten nicht leer ausgehen. Und genau hier hilft die AWO. Mit Rouladen, Rotkohl und Kartoffeln servieren die Mitarbeiterinnen ihren Gästen ein kleines Festessen und nebenan stehen schon bunte Tüten mit Geschenken bereit – auch für die kleinen Gäste, was vor allem der Tochter der 40-Jährigen ein Lächeln ins Gesicht zaubert, als sie davon hört. Es sind nützliche und leckere Kleinigkeiten, die die Mitarbeiterinnen in die Tüten gepackt haben: Dauerwurst, Nüsse, Schokolade oder Kaffee und ein Gutschein in Höhe von zehn Euro für Schulsachen – gesponsert vom Bürgermeister. Jeder der gut 30 Gäste hat ein eigenes Schicksal – und die AWO ein offenes Ohr für sie. „Wir halten da keine Distanz. Wer uns anspricht und was loswerden will, für den sind wir da“, sagt Anita Altenhein (80). Bei manchen Geschichten muss aber auch sie abends tief durchatmen, wenn sie nochmals drüber nachdenkt. Es sind die Geschichten, die Menschen aus der Bahn werfen.
Siegfried Selbach (68) sucht wieder Gesellschaft. Nach dem Tod seiner Frau vor 18 Monaten lebt er allein. „Das zweite Weihnachtsfest, das ich alleine verbringe“, sagt er. Eine Bekannte hat ihn zum Mittagstisch eingeladen und er sagte sofort zu. „Ich möchte unter Leute kommen.“ Edeltraut Pfitzner hatte Pech mit der Liebe, die sie im August von Frankfurt nach Haßlinghausen führte. „Und dann hat er mich verlassen und ich lebte eine Zeit lang im Frauenhaus“, erzählt sie. Fünfmal war sie verheiratet – und der letzte Ehemann wollte nur die Aufenthaltserlaubnis. „Jetzt reicht es mir mit den Männern“, sagt sie. Sie lebt jetzt in einer Einzimmerwohnung und ist stolz, wieder etwas aufbauen zu können. Doch wünsche sie sich nichts sehnlicher, als wieder nach Frankfurt zurückzukehren. Dort leben noch drei der fünf Kinder von ihr. Die beiden anderen leben im Ausland. An ihren ersten Besuch in der Tafel kann sie sich noch gut erinnern. „Ich habe mich geschämt und bin wieder gegangen“, erzählt sie. „Bis eine Frau meinte, es gebe keinen Grund für Scham. Die Tafel sei für Leute wie uns gemacht.“ Und vielleicht findet sie 2011 sogar einen Job. „Dieses Nichtstun macht mich sonst noch krank!“