Berlin. .

Bei den Liberalen wächst der Widerstand gegen Parteichef Westerwelle. Baden-Württembergs FDP-Spitze fordert ihn zum Rücktritt auf. Auch die Liberalen in Rheinland-Pfalz geißeln den Parteichef als „Klotz am Bein“.

Aus der baden-württembergischen FDP gibt es einem Zeitungsbericht zufolge Rücktrittsforderungen an Bundesparteichef Guido Westerwelle. Mehrere prominente Mitglieder der Südwest-FDP drängten Westerwelle in einem offenen Brief noch vor der Landtagswahl am 27. März zum Rückzug von der Parteispitze, berichtete die „Südwest Presse“ am Mittwoch. Der Ehrenvorsitzende der Stuttgarter FDP, Wolfgang Weng, fordere Westerwelle in dem Schreiben auf, spätestens beim Dreikönigstreffen Anfang Januar in Stuttgart anzukündigen, dass er nicht wieder für den Parteivorsitz kandidieren werde.

Damit erhielten die Wahlkämpfer im Land „die Chance, das Negativ-Image abzustreifen, das leider mit Ihrer Person medial verbunden ist und das sich bedauerlicherweise nicht mehr ändern lässt“, zitierte die Zeitung aus dem offenen Brief, der im Laufe des Tages bundesweit verschickt werden solle. Auch Ex-Bundesstaatsekretär Georg Gallus und der Göppinger Kreisvorsitzende Winfried Hüttl hätten das Schreiben unterzeichnet.

Stammland der Liberalen

Baden-Württemberg gilt als das Stammland der Liberalen und hat traditionell großen Einfluss im Bundesverband. Aus der Südwest-FDP stammt unter anderem die Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag, Birgit Homburger. Die FDP hat seit ihrem Rekordergebnis bei der Bundestagswahl 2009 von 14,6 Prozent bei den Wählern massiv Vertrauen verspielt. In Umfragen liegt die Partei derzeit zwischen vier und fünf Prozent, so dass selbst die Rückkehr in den Bundestag sehr fraglich wäre.

Auch die FDP in Rheinland-Pfalz, wo Ende März zum gleichen Zeitpunkt Landtagswahlen anstehen, ging auf Distanz zu Westerwelle. Der Landesverband habe bisher nicht um einen Auftritt Westerwelles im Wahlkampf gebeten. „Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen solchen Wunsch geäußert zu haben“, sagte der Spitzenkandidat der rheinland-pfälzischen FDP und frühere Landesjustizminister, Herbert Mertin, Spiegel Online. „Die Stimmung ist nicht so, dass sein Auftreten an der Basis als hilfreich angesehen wird“. Die Partei komme seit Monaten nicht aus dem Stimmungstief. „Das mag ungerecht sein, aber so ist das nun mal in der Politik: Das wird ein Stück weit auch an der Person von Herrn Westerwelle festgemacht“.

„Klotz am Bein“

Unter dem heutigen Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hatte die FDP lange als Koalitionspartner der SPD das Land Rheinland-Pfalz mitregiert. Der 65-jährige Brüderle wird inzwischen als Nachfolger Westerwelles gehandelt. Mertin verwahrte sich allerdings gegen derartige Mutmaßungen. „Spekulationen über Herrn Brüderle helfen weder dem Minister noch sonst jemandem“, sagte er „Spiegel Online“.

Mertin sagte allerdings auch: „Fakt ist, dass die Person des Bundesvorsitzenden uns seit Monaten wie ein Klotz am Bein hängt.“ Er empfehle Westerwelle, die besinnlichen Weihnachtstage zu nutzen und sich zu überlegen, wie die Partei wieder in die Offensive kommen könne. Es müsse analysiert werden, in welcher Konstellation die Partei dies schaffen könne.

Zuletzt hatte der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki Westerwelle scharf kritisiert. In einem „Spiegel“-Interview verglich er den Zustand der Bundespartei mit der Situation in der Endphase der DDR. An der Basis habe die Auflösung schon begonnen. Die DDR sei irgendwann auch einfach implodiert. „Die Führung konnte das bis zum Schluss nicht begreifen. Es kann passieren, dass auch die FDP in sich selbst zusammenfällt“.

Zusätzliche Bedeutung erhält die Kritik an Westerwelle durch den Zeitpunkt kurz vor Weihnachten. Die „Bild am Sonntag“ hatte bereits Mitte September berichtet, Westerwelle habe im Sommer über einen Rücktritt vom Parteivorsitz nachgedacht. Westerwelle warte nun jedoch auf ein Signal seiner Partei bis Weihnachten, dass sie ihn noch haben wolle und ihm auch künftig folgen wolle, zitierte die Zeitung damals einen Vertrauten des Parteichefs. Deutlich vor den wichtigen Landtagswahlen im März wolle er endgültig entscheiden, ob er weitermache. Unklar ist, ob Westerwelle sein Amt als Außenminister auf Dauer behalten kann, falls er den Parteivorsitz niederlegen sollte. (rtr)