Teheran. US-Präsident Barack Obama hat "tief besorgt" auf die Rede des geistlichen iranischen Staatsoberhaupts Ayatollah Ali Chamenei reagiert. Chamenei hatte die Betrugs-Vorwürfe bei der Präsidentenwahl zurückgewiesen und vor weiteren Protesten gewarnt. In Deutschland war man zurückhaltend.
US-Präsident Barack Obama hat sich besorgt über den «Tenor und Tonfall» von Äußerungen des geistlichen iranischen Staatsoberhaupts Ayatollah Ali Chamenei geäußert. Der Regierung in Teheran müsse klar sein, dass die Weltöffentlichkeit die derzeitigen Vorgänge aufmerksam beobachte, sagte Obama am Freitag in einem CBS-Interview. Die Art des Umgangs mit «Menschen, die mit friedlichen Mitteln versuchen, sich Gehör zu verschaffen», werde zeigen, «was der Iran ist und was er nicht ist».
Beide Häuser des US-Kongresses stimmten am Freitag für eine Resolution, in der das gewaltsame Vorgehen der iranischen Führung gegen Demonstranten scharf verurteilt wird. Nach dem Repräsentantenhaus verabschiedete auch der Senat die Entschließung. Darin wurde auch die Einschränkung der Internet-Nutzung sowie des Mobilfunks im Iran kritisiert.
Zurückhaltende Reaktionen aus Deutschland
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Freitagspredigt des obersten geistlichen Führers des Iran als «eher enttäuschend» bezeichnet. Es komme nun darauf an, dass die erhobenen Einsprüche gegen das Wahlergebnis auch untersucht würden, sagte Merkel am Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel. «Wir setzen darauf, dass dies im Sinne der Gerechtigkeit im Iran in den nächsten Tagen möglich sein wird.»
Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte in Brüssel, die Rede Chameneis habe die Erwartungen nicht erfüllt. «Das wird nicht ausreichen, (...) um die Lage im Iran zu beruhigen, um eine Eskalation zu vermeiden.»
Der geistliche Führer des Irans, Ayatollah Ali Chamenei, hatte Manipulationsvorwürfe bei der umstrittenen Präsidentschaftswahl zurückgewiesen. Bei der Abstimmung hätten die Iraner für den Kandidaten gestimmt, den sie als Präsidenten gewollt hätten, sagte Chamenei beim Freitagsgebet in der Hauptstadt Teheran.
Zweifel an den offiziellen Ergebnissen und der Wiederwahl von Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad müssten auf juristischem Wege untersucht werden. Laut Chamenei erhielt Ahmadinedschad 24,5 Millionen der rund 40 Millionen Stimmen. Die Wahl sei ein Vertrauensbeweis der Bevölkerung in die Islamische Republik, fügte Chamenei hinzu.
Chamenei kritisiert Einmischung aus Ausland
Chamenei warnte die Opposition vor «Extremismus», der in Gewalt münden könne. Zudem kritisierte er vehement die Haltung des Westens bei der Beurteilung der Präsidentenwahl. Chamenei hatte Ahmadinedschad im Wahlkampf unterstützt. Es war das erste Mal, das sich das geistliche Oberhaupt zu den Massenprotesten gegen das Wahlergebnis äußerte, die seit einer Woche den Iran erschüttern.
Die Demonstranten werfen der iranischen Führung vor, die Wahl manipuliert zu haben, um den ultrakonservativen Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad im Amt zu halten. Die unterlegenen Kandidaten wollen die Wahl annullieren lassen und fordern Neuwahlen.
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Chamenei sprach vor zahlreichen Menschen beim wöchentlichen Gebet in der Universität der Hauptstadt, wie Press TV, eine englischen Ausgabe des iranischen Staatsfernsehens, berichtete. Auch Präsident Mahmud Ahmadinedschad nahm an dem Gebet teil.
Hundertausende Iraner auf den Straßen
Die Anhänger des, nach offiziellen Angaben, unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Mussawi hatten am Donnerstag den vierten Tag in Folge gegen das amtliche Wahlergebnis protestiert. Hunderttausende Iraner folgten dem Aufruf des Politikers und beteiligten sich an einer Trauerkundgebung für die bei den Protesten der vergangenen Tage getöteten Demonstranten. Die Schätzung der Teilnehmerzahl stammt von Press TV. Ausländischen Journalisten ist verboten worden, von dem Straßen Teherans direkt zu berichten.
Mussawi hielt eine kurze Rede vor den Demonstranten, von denen viele schwarze Kleidung und schwarze Kerzen trugen, die sie bei Anbruch der Dunkelheit anzündeten, wie Press TV berichtete. Andere trugen Bänder in Grün, der Kennfarbe Mussawis. Mussawi habe zur Ruhe und Selbstbeherrschung aufgerufen. Einige Demonstranten riefen «Tod dem Diktator», andere Schilder mit der Aufschrift: «Wo sind unsere Stimmen?» Die Demonstranten widersetzten sich damit Chamenei, der sich hinter Ahmadinedschad gestellt hat.
Dem Wächterrat liegen nach eigenen Angaben inzwischen 646 Beschwerden gegen das Ergebnis der Präsidentenwahl vor. Das Gremium habe Mussawi und zwei weitere Kandidaten zu einem Treffen am (morgigen) Samstag eingeladen, meldete der staatliche Rundfunk. Der Wächterrat hat sich zu einer teilweisen Neuauszählung der Stimmen bereit erklärt. Mussawi hat jedoch umfassenden Wahlbetrug geltend gemacht und fordert eine vollständige Neuauszählung oder eine Wiederholung der Wahl vom Freitag vergangener Woche. (ap/afp)