Stockholm. .

Nach den beiden Explosionen in Stockholm haben die Sicherheitsbehörden Ermittlungen wegen eines „Terrorverbrechens“ aufgenommen. Der Imam in Stockholm verurteilt den Anschlagsversuch.

Nach den beiden Explosionen in der schwedischen Hauptstadt Stockholm haben die Sicherheitsbehörden Ermittlungen wegen eines „Terrorverbrechens“ aufgenommen. Das sagte Anders Thornberg vom Polizeigeheimdienst Säpo am Sonntag bei einer Pressekonferenz. Sollte es sich um einen Selbstmordanschlag gehandelt haben, so sei dies das erste Mal, das so etwas in Schweden geschehen sei. Zur Identität des mutmaßlichen Attentäters wollte er keine Angaben machen, bevor dessen Familie verständigt ist.

Imam in Stockholm verurteilt Anschlagsversuch

Der Imam der größten Moschee Stockholms verurteilte den versuchten Terroranschlag. In einer Mitteilung an die Agentur TT verurteilte Scheich Hassan Mussa am Sonntag „jede Form von Anschlägen, Gewalt, Verängstigungen und Drohungen gegen Unschuldige, ganz gleich, was das Motiv oder der Vorwand ist“. Es sei eine religiöse und soziale Pflicht, sich für die Sicherheit und Stabilität Schwedens einzusetzen.

Offenbar islamistischer Anschlag

Die beiden Explosionen am Samstag in der Stockholmer Innenstadt sind offenbar ein Anschlag islamischer Extremisten gewesen. Erst explodierte ein Auto, dann kam kurz darauf bei einer zweiten Detonation ein mutmaßlicher Selbstmordattentäter ums Leben. Zwei weitere Personen wurden leicht verletzt. Zehn Minuten vor den Explosionen hatte die schwedische Nachrichtenagentur TT eine Warnung erhalten: „Die Zeit zum Handeln ist gekommen“, heißt es darin. Die schwedische Polizei wollte einen Zusammenhang zwischen der E-Mail und den Explosionen vorerst nicht bestätigen.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur TT nimmt der Autor der E-Mail Bezug auf den Künstler Lars Vilks, der den muslimischen Propheten Mohammed als Hund zeichnete, sowie auf den Einsatz schwedischer Soldaten in Afghanistan. „Jetzt sollen eure Kinder, Töchter und Schwestern sterben so wie unsere Brüder und Schwestern und Kinder sterben“, zitierte die Agentur aus dem Text.

Polizeisprecher Thornberg sagte dazu, er habe die Email nicht im Detail gelesen, aber der Attentäter sei „nicht erfreut“ über Schweden gewesen. „Wir haben Truppen in anderen Ländern und es wurden schlechte Dinge über den Propheten gesagt“, fügte Thornberg mit Blick auf die Email hinzu.

Offenbar Kombination aus Selbstmordattentat und Autobombe

Zunächst war am Samstag in einer belebten Einkaufsstraße eine Autobombe explodiert, wenig später sprengte sich möglicherweise ein Attentäter selbst in die Luft. Schwedens Außenminister Carl Bildt sprach von einem versuchten Terroranschlag. Zwei weitere Menschen wurden verletzt. Weihnachtseinkäufer flüchteten Medienberichten zufolge in Panik durch Rauch und Qualm.

„Ein höchst Besorgnis erregender Versuch eines Terroranschlags in einem stark belebten Teil des Zentrums von Stockholm“, schrieb Bildt in der Nacht zum Sonntag in einer Mitteilung auf dem Internet-Dienst Twitter. „Gescheitert - hätte aber wirklich katastrophal enden können.“ Kurz vor den Explosionen war bei einer Nachrichtenagentur in Stockholm ein Drohbrief wegen Schwedens Beteiligung am Afghanistan-Einsatz eingegangen.

Mit Gas gefüllte Zylinder im Auto

Kurz nach der Detonation des Autos gegen 16.00 Uhr kam es etwa 300 Meter von der Stelle entfernt zu einer zweiten Explosion, bei der ein Mann ums Leben kam. Es sei möglich, dass sich der Mann selbst in die Luft gesprengt habe, sagte ein Polizeisprecher. Dies sei aber noch nicht durch die Ermittlungen bestätigt. Einsatzkräfte suchten die Umgebung nach weiteren Sprengsätzen ab.

„Es sieht so aus, als ob der Mann etwas getragen hätte, das in seinem Bauch explodiert ist“, sagte ein Rettungssanitäter der Internetseite DN.se. „Ich habe ein Palästinenser-Tuch von seinem Gesicht entfernt, um seine Atemwege zu frei zu machen. Aber es war zu spät.“ In dem Auto waren nach Angaben einer Polizeisprecherin mit Gas gefüllte Zylinder. Auch bei einem Anschlagsversuch auf dem Times Square in New York im Mai hatte der Attentäter Gasflaschen für eine Autobombe genutzt.

Drohung auch wegen Mohammed-Karikaturen

Die schwedische Nachrichtenagentur TT erhielt eigenen Angaben zufolge etwa zehn Minuten vor den Explosionen eine E-Mail, in der das Land wegen seiner Unterstützung des Nato-Einsatzes in Afghanistan bedroht wurde. Die mit der Mail verschickte Ton-Aufnahme sei auch an die schwedische Sicherheitspolizei SAPO adressiert gewesen, meldete TT. Der Regierung in Stockholm wird darin ein Krieg gegen den Islam vorgeworfen, zudem wird Schweden für Mohammed-Karikaturen des heimischen Zeichners Lars Vilks kritisiert. In der Ton-Aufnahme sagt ein Mann laut TT: „Unsere Taten werden für sich sprechen, so lange Ihr Euren Krieg gegen den Islam sowie die Demütigung des Propheten nicht beendet und Eure dumme Unterstützung für das Schwein Vilks.“ Die Aufnahme war den Angaben zufolge in Schwedisch und Arabisch.

Schwedens Teilnahme am Afghanistan-Einsatz

Wie der dänische Karikaturist Kurt Westergaard ist auch Vilks wiederholt wegen seiner Zeichnungen bedroht wurden. Im Mai wurde ein Brandanschlag auf sein Haus verübt, im März ein Amerikaner wegen der Planung eines Attentats auf ihn angeklagt. Vilks hat den Propheten im Jahr 2007 mit dem Körper eines Hundes dargestellt. Der Islam lehnt Bilder seines Religionsstifters ab.

Schweden hat etwa 500 Soldaten in Afghanistan im Einsatz, vor allem in dem großenteils von der Bundeswehr kontrollierten Norden des Landes. Die Bundesregierung hat Mitte November vor Anschlägen radikaler Muslime in Deutschland gewarnt und die Sicherheitsvorkehrungen im ganzen Land verschärft. (afp/rtr/dapd)