Berlin. .

Die Opposition lässt kein gutes Haar an den Steuerplänen der Regierung: SPD und Linke werfen Schwarz-Gelb vor, die Bürger für dumm zu verkaufen. Die versprochenen Erleichterungen würden von neuen Steuerlasten mehr als aufgefressen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat der schwarz-gelben Koalition eine ungerechte Politik vorgeworfen. Nach dem Koalitionsgipfel sagte der SPD-Vorsitzende am Freitag im Deutschlandfunk, es sei „ein starkes Stück, was da die Bundesregierung der Öffentlichkeit verkaufen will“.

Der angeblichen Entlastung von 590 Millionen Euro für Arbeitnehmer stünden drei Milliarden Mehrkosten bei der Gesundheit, eine Milliarde Mehrkosten beim Flugverkehr und eine um 200 Millionen höhere Tabaksteuer gegenüber.

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Das sei netto eine Belastung der Arbeitnehmer von 3,6 Milliarden Euro, rechnete Gabriel vor. „Da hat das Kabinett eine Nettolüge auf den Tisch gelegt.“ Die Koalition versuche, durch ein paar schöne Zahlen den Eindruck zu vermitteln, die Arbeitnehmer hätten etwas von den Beschlüssen der Regierung. Dabei bleibe aber unklar, warum die Arbeitgeber um vier Milliarden Euro entlastet würden und die Arbeitnehmer nur um 590 Millionen.

„Regierung behandelt Leistungsträger

Auch die Linkspartei wirft der Bundesregierung vor, mit ihren Steuerbeschlüssen die Arbeitnehmer „für dumm verkaufen“ zu wollen. Nach den Beschlüssen des Koalitionsausschusses könnten Arbeitnehmer im Schnitt mit drei Euro mehr rechnen, während Milliarden für marode Banken und gierige Spekulanten ausgegeben würden, kritisierten die Linke-Parteichefs Gesine Lötzsch und Klaus Ernst am Freitag in Berlin.

„Offensichtlich muss die FDP in Umfragen erst unter ein Prozent fallen, damit sie versteht, dass diese Art zu teilen von den Menschen nicht länger akzeptiert wird“, erklärten die beiden Politiker. „Die Regierung behandelt Leistungsträger wie Bettler“, kommentierten sie die Beschlüsse von Schwarz-Gelb.

Die Linke-Parteichefs forderten stattdessen eine Steuerreform, die geringe Einkommen spürbar entlaste und hohe Einkommen, Erbschaften und Vermögen wieder stärker belaste.

Lohnsteuerhilfevereine beklagen Ungleichbehandlung

Ebenfalls kritisch sieht der Geschäftsführer des Bundesverbands der Lohnsteuerhilfevereine (BDL), Erich Nöll, die Beschlüsse der schwarz-gelben Koalition. Die Anhebung der Werbungskosten-Pauschale für Arbeitnehmer von 920 auf 1.000 Euro jährlich sei die Erhöhung einer „verdeckten Subvention“, sagte Nöll der „Berliner Zeitung“. Es dürfe nicht so sein, dass von einer Steuervereinfachung „manche ohne Grund extrem profitieren und andere benachteiligt werden“. Nöll sprach sich dafür aus, stattdessen bestimmten Berufsgruppen spezifische Pauschalen etwa für Arbeitskleidung oder Fachbücher zu gewähren.

Die deutsche Wirtschaft reagierte enttäuscht auf die Pläne für eine Steuervereinfachung und forderte weitere Schritte. Man begrüße zwar die Absicht, die Unternehmen von Bürokratie zu befreien, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf, der „Berliner Zeitung“. Die Möglichkeiten für eine wirklich durchgreifende Vereinfachung würden jedoch mit dem Paket noch nicht erschlossen.

Die schwarz-gelbe Regierung dagegen lobte ihre Beschlüsse. Die Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Birgit Homburger, sagte, es sei „eine ganze Menge erreicht“ worden. Vereinfachungen gebe es nicht nur für die Steuerverwaltung, sondern vor allem für die Bürger. Diese bräuchten nun nicht mehr so viel Zeit für ihre Steuererklärung und könnten diese auch nur alle zwei Jahre abgeben. „Ich finde, das kann sich sehen lassen“, sagte Homburger.

CSU verteidigt Pläne

Auch die CSU zog eine positive Bilanz des Koalitionsausschusses. Die Bürger könnten ab 2012 mit deutlichen Vereinfachungen bei der Steuererklärung rechnen, sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich. Er wies Kritik zurück, die Anhebung der Werbungskostenpauschale von 920 auf 1.000 Euro sei zu gering und damit wirkungslos. Diese Maßnahme müsse, wie die meisten der 40 anderen Punkte auch, unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung gesehen werden, sagte er.

Friedrich machte gleichzeitig klar, dass Steuern erst gesenkt werden können, wenn es dafür die notwendigen finanziellen Spielräume gebe. Die Unternehmen sollen durch eine Senkung der Bürokratiekosten um etwa vier Milliarden Euro entlastet werden. Friedrich machte deutlich, dass es sich hierbei um eine Schätzsumme handele, die aber so gut wie möglich gerechnet worden sei. (dapd)