Brüssel. .
Neben den bekannten Krisen-Ländern Irland, Spanien und Portugal hat auch ein anderes Land große Staatschulden aufgehäuft - Deutschland.
Das sind erschreckende Zahlen: Die Staatsschulden steigen sekündlich um fast 2600 Euro und auf jedem Bürger lasten 20.883 Euro Schulden. Das geliehene Geld des EU-Lands summiert sich auf unvorstellbare 1,7 Billionen Euro. Die Rede ist nicht von Europas derzeitigen Sorgenkindern Irland, Portugal, Griechenland oder Spanien, sondern von Deutschland. Einem Land also, das die Weltwirtschaftsflaute dank seiner stark steigenden Exporte hinter sich lässt und nicht als Krisenstaat gilt.
Starke Industrie ist Vorteil von Deutschland
Deutschland hat verglichen mit aktuell als krisenanfällig gehandelten Ländern einen Vorteil: seine starke Industrie. Das monierten in der Vergangenheit zwar manche Experten. Sie fanden, die Finanzbranche verspreche viel mehr Gewinn, und die Industrie, die von der Ausfuhr ihrer Waren abhängt, sei zu krisenanfällig. Doch dann, 2007, nahm die weltweite Finanzkrise in den USA ihren Ausgang. Die Hymnen auf eine Finanzbranche verstummten, die sich ihrer Fesseln seit Mitte der 1970er immer mehr entledigt hatte: Regierungen hatten gesetzliche Regelungen gelockert und nationale Finanzmärkte für ausländische Wettbewerber geöffnet.
Von dieser „Deregulierung“ profitierten Länder wie Großbritannien - London mauserte sich zum weltweit wichtigen Bankenzentrum -, aber auch das kleine Irland. Die dortige Bankenbranche blähte sich auf. Irland zog auch deutsche Institute an. So verlagerte die Depfa Bank, die seit drei Jahren dem mittlerweile maroden Staats- und Immobilienfinanzierer HRE gehört, ihren Sitz 2001 von Wiesbaden nach Dublin.
Mit der Finanzkrise gerieten Irlands Banken ins Wanken. Sie hatten sich mit Immobilien verspekuliert. Der Staat sprang mit Bürgschaften bei. Diese trieben die Staatsschuld hoch und Irland in die Notlage, um europäische Hilfe rufen zu müssen.
Export soll Irlands Erholung vorantreiben
Irland zog zugleich mit seiner niedrigen Unternehmenssteuer von 12,5 Prozent viele Firmen aus aller Welt an. Dies und der Milliarden-Sparplan lassen die Regierung nun hoffen, dass die Wirtschaftsleistung bis 2014 im Schnitt jährlich um 2,75 Prozent steigt: „Da Irland eine kleine offene Wirtschaft ist, wird unsere Erholung exportgetrieben sein.“
Dagegen gilt die Wirtschaftsstruktur des ebenfalls verschuldeten Portugal als schwach. 10,6 Millionen Menschen leben dort, mehr als doppelt so viele wie in Irland, aber die Wirtschaftsleistung ist kaum höher. Portugal kam im vorigen Jahrzehnt wegen des steigenden weltweiten Wettbewerbs unter Druck. Daher ist das überdurchschnittliche Wachstum, das Portugal seinem Beitritt in die Europäische Gemeinschaft 1986 sowie der Ansiedlung arbeitsintensiver Industrien ausländischer und vor allem deutscher Firmen verdankte, Vergangenheit. Heute bekämpft Portugal – Arbeitslosenquote: rund zehn Prozent - seine Schulden mit einem Sparkurs.
Die Schuldenkrise der öffentlichen Haushalte verteuerte in dem südeuropäischen Staat wie in Irland oder Spanien die Geldbeschaffung. Das nährt Spekulationen, ob nun Portugal unter den europäischen Rettungsschirm flüchtet. Portugal will dies aber nicht. Und die EU betont, keinen Druck auszuüben.
Den Nachbarn Spanien haben die Folgen des Weltwirtschaftsbebens ebenfalls geschwächt. Die Wirtschaftsleistung sackte ab, der Immobilien- und Bau-Boom im Tourismusland platzte, die Arbeitslosigkeit schnellte auf etwa 20 Prozent hoch. Experten sehen Signale für eine Erholung, wenngleich langsamer als in den meisten EU-Ländern. Anders aber als zum Beispiel in Irland ist Spaniens Bankenbranche robuster, auch dank ihrer Lateinamerika-Geschäfte. EU-Wettbewerbskommissar Joaquìn Almunia, betont jedoch, Spanien müsse Zweifel ausräumen, ob es wirklich wie geplant den harten Sparweg einschlage. Denn genau diese Zweifel nähren Krisen-Spekulationen.