Berlin. .
In Europa wächst die Sorge, dass nach Irland auch Portugal und Spanien in den Sogder Schuldenkrise geraten. Die Zukunft der Gemeinschaftswährung steht nach Einschätzung von Ökonomen auf Messers.
Führende Ökonomen bezweifeln, dass der Euro durch Finanzhilfen für Länder wie Irland und Griechenland gerettet werden kann. „Die endgültige Rettung steht in den Sternen. Ich sehe die Chancen bei etwa fifty-fifty“, sagte Lüder Gerken, Direktor des Centrums für Europäische Politik in Freiburg. „Wir stecken in einer sehr, sehr ernsten Situation.“
Der Forscher hält es für wahrscheinlich, dass nach Griechenland und Irland auch Portugal und Spanien unter den Rettungsschirm der EU und des IWF schlüpfen müssen. „Der Dominoeffekt kommt auf jeden Fall – egal, was man mit Irland macht. Die Kapitalmärkte haben schon Portugal im Visier, auch um Spanien dürfte es sehr eng werden“, prophezeit Gerken. „Die Politik kann machen, was sie will - sie kriegt die Verunsicherung der Märkte nicht weg.“ Der Vorsitzende der Stiftung Ordnungspolitik kritisiert, Länder wie Irland und Spanien hätten jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt.
Ähnlich ernst schätzt Währungsexperte Wim Kösters vom Rheinischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen die Lage ein. „Europa hat mit seiner Währung gespielt. Jetzt ist das Malheur da.“ Der Euro-Skeptiker hält es für „fraglich“, ob der bisherige Rettungsschirm ausreicht, um die Gemeinschaftswährung zu retten. „Die Politik hatte ja gedacht, die Summe von 750 Milliarden Euro sei so gewaltig, dass Spekulanten, die von der Politik für die Krise verantwortlich gemacht wurden, endgültig abgeschreckt werden. Diese Rechnung ist aber nicht aufgegangen“, sagt Kösters.
Mögliche Hilfen für Portugal ließen sich noch verkraften
Mögliche Hilfen für Portugal ließen sich noch verkraften. „Aber Spanien könnten wir mit dem jetzigen Rettungsschirm schon nicht mehr helfen“, so der RWI-Experte. „Das Volumen müsste dann erheblich ausgeweitet werden.“
Damit rechnet inzwischen auch der ordoliberal orientierte Ökonom Gerken. „Ich fürchte, die Politiker in Europa werden weitere Hunderte Milliarden Euro nachschießen, um die Gemeinschaftswährung zu retten.“ Schließlich könne man sich kaum eingestehen, 750 Milliarden in den Sand gesetzt zu haben und dann die Rettungsaktion abblasen. „Ich sehe die Gefahr, dass dann weitere Hunderte Milliarden Euro der Steuerzahler verbrannt werden.“
So einfach ist das allerdings nicht. Für zusätzliche Finanzhilfen sind Beschlüsse auf EU-Ebene und ein Plazet des Deutschen Bundestags nötig. Der Widerstand der Berliner Parlamentarier indes wächst, weil sie ihren Wählern die Milliardenhilfen für andere Euroländer immer schwerer vermitteln können.
Ökonom hält den Euro bereits für gescheitert
Der Krisen-Ökonom Max Otte hält den Euro bereits für gescheitert. „In Europa ist der Euro eine absolute Fehlkonstruktion“, sagte Otte. Das frühere System fester Wechselkurse sei deutlich besser gewesen, weil verschiedene Volkswirtschaften sich nicht unter ein Währungsdach zwingen ließen. Den Euro wieder abzuschaffen, halte er aber für schwierig, weil die gesamte politische Klasse Europas ihr Schicksal mit der gemeinsamen Währung verknüpft habe. Gerken rechnet auch nach einem möglichen GAU nicht mit einer Rückkehr zur D-Mark, sondern eher mit einer Kernwährungsunion um wirtschaftlich starke Staaten wie Deutschland und Frankreich.
Die Bundesregierung müht sich unterdessen, private Gläubiger wie Banken an künftigen Rettungsaktionen zu beteiligen. Dies soll in jedem Fall für die Zeit nach Auslaufen des aktuellen Rettungsschirms im Jahr 2013 gelten, wenn ein Staat in Schieflage gerät und seine Anleihen nicht mehr vollständig bedienen kann.
Allerdings wird in der Regierung auch darüber nachgedacht, Staatsanleihen bereits 2011 mit entsprechenden Klauseln zu versehen. „Eigentlich sollte es ja selbstverständlich sein, dass private Gläubiger nicht nur beteiligt werden, sondern das ganze Risiko tragen“, bemerkt dazu Ökonom Gerken.