Brüssel. .
Die irische Regierung hat ein radikales Sparpaket vorgelegt: Sozialausgaben sollen gekürzt, tausende Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst gestrichen werden. An der relativ niedrigen Unternehmenssteuer hält der Staat jedoch fest.
Auf die 4,5 Millionen Einwohner des hoch verschuldeten Irland kommen harte Zeiten zu. Die irische Regierung kündigte am Mittwoch an, Sozialausgaben sowie Löhne zu senken und tausende Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst zu streichen. Bis 2014 will die Regierung damit 15 Milliarden Euro sparen – 3750 Euro je Bürger. An der relativ niedrigen Unternehmenssteuer hält die Regierung fest. Bürger sollen dagegen mehr Steuern zahlen.
Da Irland als erstes EU-Mitglied unter den Euro-Rettungsschirm flüchtete, muss es sparen, um Kredithilfen zu erhalten. Vor allem die Staatsbürgschaften für die marode Bankenbranche trieben Irlands Schulden hoch. Ministerpräsident Brian Cowen sagte, er habe mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über Finanzhilfen im Umfang von 85 Milliarden Euro gesprochen. Die endgültige Summe stehe noch nicht fest.
Für die nächsten Jahre zeigte sich die irische Regierung trotz aller Widrigkeiten zuversichtlich. Die Wirtschaftsleistung, also das Bruttoinlandsprodukt, werde bis 2014 jährlich um durchschnittlich 2,75 Prozent steigen. Zugleich dürften unterm Strich 90.000 Stellen geschaffen werden. Dies drücke die Arbeitslosenquote bis 2014 auf unter zehn Prozent – von derzeit 13,5 Prozent.
Unternehmenssteuer von 12,5 Prozent bleibt
Im öffentlichen Dienst aber sollen in den nächsten drei Jahren 24.750 Stellen wegfallen und die Löhne um 1,2 Milliarden Euro sinken. Auch der Mindestlohn wird zusammengestrichen: um einen Euro auf 7,65 Euro je Stunde.
Zugleich will Irland die Staatseinnahmen steigern, unter anderem über Steuererhöhungen. An der europaweit relativ niedrigen Unternehmenssteuer von 12,5 Prozent hält die Regierung fest, trotz Forderungen aus Europa, sie zu erhöhen. Die niedrige Steuer hatte in den Vorjahren viele ausländische Firmen nach Irland gelockt, was die Wirtschaft stark beflügelt hatte. Derzeit leidet Irland unter den Folgen der weltweiten Finanzkrise, die vor allem die große Bankenbranche des kleinen Landes ins Trudeln brachte.
Dagegen sollen Bürger mehr zahlen. „Fast die Hälfte aller Erwerbstätigen wird 2010 keine Einkommenssteuer zahlen – das ist nicht nachhaltig“, hieß es. Der Staat nehme dieses Jahr 35 Prozent weniger Steuern ein als noch vor der Krise 2007. „Die, die am meisten Steuern zahlen können, müssen auch am meisten zahlen, aber keine Gruppe ist vor Steuererhöhungen geschützt.“ Insgesamt hofft die Regierung infolge höherer Einkommenssteuern auf 1,9 Milliarden Euro Mehreinnahmen. Zudem steigt die Mehrwertsteuer 2013 auf 22 Prozent und 2014 auf 23 Prozent.
Irland plant zusätzlich bis 2014 eine Wassergebühr. Studierende sollen ebenfalls Opfer bringen: Auf sie kommen höhere Studiengebühren zu.
Portugiesen streiken
In Portugal legte unterdessen ein Generalstreik gegen Sparmaßnahmen zur Bekämpfung der Finanzkrise das Land lahm. Arbeitsministerin Helena André sagte dem Radiosender TSF jedoch, die portugiesische Regierung habe bei den Sparplänen „keinerlei Spielraum“. Portugals Staatsdefizit liegt derzeit bei 7,3 Prozent des BIP, nach der Krise in Irland gilt das Land als weiterer Wackelkandidat. Die Regierung in Lissabon hat deshalb ein striktes Sparprogramm aufgelegt und will das Defizit bis kommendes Jahr auf 4,6 Prozent des BIP senken. EU-Präsident Herman Van Rompuy wies Befürchtungen zurück, die Irland-Krise könne auch Portugal anstecken.
Spanien weist Befürchtungen vor Finanzkollaps zurück
Auch Spanien, ein weiteres Sorgenkind der EU, wies Befürchtungen eines drohenden Finanzkollapses zurück. „Von Irland trennen uns ohne Zweifel Welten“, sagte Wirtschaftsstaatssekretär José Manuel Campa. Spanien sei im Gegensatz zu Irland ein „Land mit niedrigen Schulden, das sich außerdem in einem finanziellen Konsolidierungsprozess befindet“. Zudem sei eine Reform des Arbeitsmarktes und der Sparkassen beschlossen worden und eine Rentenreform sei geplant.
Experten befürchten, dass nach Irland auch Spanien umfassende Finanzhilfen benötigen könnte. Das Land hat eine Arbeitslosenquote von 20 Prozent, das Wirtschaftswachstum liegt praktisch bei Null. Die Reformen werden teils als unzureichend erachtet, um das Staatsdefizit in den Griff zu bekommen. Die Märkte werden nun ähnlich wie bei Portugal auch mit Blick auf Spanien nervös: Am Mittwoch stiegen die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen Spaniens erstmals seit 2002 wieder auf über fünf Prozent. (Mit Material von afp und dapd)