Hamburg.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble steht weiter unter Beschuss. Nach Gerüchten um seinen Rücktritt sorgten jetzt Wortmeldungen von Parteikollegen für Aufsehen, die die Steuerpolitik des Ministers kritisierten.

Unmittelbar vor dem CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe nehmen Koalitionspolitiker zunehmend die Steuerpolitik von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ins Visier. Abgeordnete von Union und FDP forderten neue Vorschläge zur Steuervereinfachung und nannten die bisherigen Pläne des Ministers enttäuschend. Daneben ging auch die Diskussion über die politische Zukunft des langjährigen Spitzenpolitikers weiter.

Der CDU-Mittelstandspolitiker Christian von Stetten, verlangte, Schäuble müsse das Thema Steuervereinfachung zur Chefsache machen. Dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ sagte er: „Mit dem, was jetzt an Vorschlägen für eine Steuervereinfachung vorgelegt wurde, werden wir weder dem Koalitionsvertrag noch unserem Wahlversprechen als Union gerecht.“ Die bisherigen Vorschläge des Finanzministeriums zur Steuervereinfachung sehen unter anderem vor, dass Einkommensteuererklärungen nur noch alle zwei Jahre abgegeben werden.

Brüderle springt Schäuble bei

Der CSU-Politiker Georg Fahrenschon forderte erneut höhere Pauschalen für Arbeitnehmer und Familien mit Kindern. Das „in weiten Teilen leistungsfeindliche Steuerrecht“ solle vereinfacht werden, verlangte der bayerische Finanzminister laut „Spiegel“.

Der Finanzexperte der FDP-Fraktion, Frank Schäffler, rief im „Handelsblatt“ die Fraktionen dazu auf, selbst initiativ zu werden. Die Koalition brauche endlich den großen Wurf. Sein Parteifreund, Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, sprang dagegen dem Finanzminister bei. „Ich erlebe den Kollegen Schäuble als konstruktiven und fairen Partner“, sagte er dem Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“.

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, sprach dem Finanzminister das Vertrauen von Fraktion und Partei aus. Der „Passauer Neuen Presse“ sagte er: „Wolfgang Schäuble macht hervorragende Arbeit. Er hat den Sparkurs durchgesetzt. Das soll ihm erst einmal jemand nachmachen.“

Die designierte stellvertretende CDU-Vorsitzende, Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, erklärte Schäuble für unverzichtbar im Bundeskabinett. „Er ist ein unersetzlicher Anker für Verlässlichkeit und gutes Regierungshandeln. Er versteht sein Handwerk“, sagte sie der „Bild am Sonntag“.

Die Diskussion über den 68-jährigen, querschnittsgelähmten Finanzminister hatte neue Nahrung durch angebliche Überlegungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Umbildung des Kabinetts bekommen. Die CDU-Chefin hatte solche Pläne allerdings dementiert.

Merkel stellt sich Wiederwahl

Merkel muss sich am Montag auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe der Wiederwahl stellen. Sie führt die Partei seit zehn Jahren. Außerdem wird ihre Führungsriege neu bestimmt: Für die vier Posten der Vizeparteichefs kandidieren Bundesumweltminister Norbert Röttgen, Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen sowie der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier. Einzig Bundesforschungsministerin Annette Schavan tritt erneut als Parteivize an.

Im Mittelpunkt der politischen Debatte stehen die Aussetzung der Wehrpflicht sowie die Diskussion um die parteiintern umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID). Merkel, Generalsekretär Hermann Gröhe und Kauder haben einen Antrag eingebracht, die PID zu verbieten, so wie es auch im CDU-Grundsatzprogramm steht. Sie plädieren für ein Verbot der Diagnostik, bei der Embryonen im Rahmen einer künstlichen Befruchtung auf Genschäden untersucht und gegebenenfalls vernichtet werden. Dagegen sprechen sich unter anderem von der Leyen sowie Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) für eine Zulassung in engen Grenzen aus. So soll für Fälle von schwerer erblicher Vorbelastung der Eltern die PID weiter erlaubt bleiben. (dapd/ap)