Berlin. .
Bundeskanzlerin Angela Merkel hält offiziell weiter zu Wolfgang Schäuble. Gerüchte über einen Rückzug des Finanzministers weist sie als „frei erfunden“ zurück. Mehrere Medien beharren aber auf ihre Berichte, ein Kabinettsumbau stehe bevor.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hält an Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) fest. Berichte über eine mögliche Kabinettsumbildung wies Merkel am Freitag energisch zurück. „Dazu sage ich, dass wir hier in trautem Einvernehmen stehen und die Dinge frei erfunden sind“, sagte die Kanzlerin am Rande des G-20-Gipfels im südkoreanischen Seoul.
Damit reagierte sie auf Spekulationen um einen Ersatz des 68-jährigen Ressortchefs. Mehrere Zeitungen hatten zuvor berichtetet, Merkel erwäge eine Regierungsumbildung. Die Opposition sieht nach den abschließenden Gesprächen zum Bundeshaushalt 2011 derweil die Stellung des Finanzministers im Kabinett geschwächt.
Innenminister könnte Schäuble beerben
Laut „Handelsblatt“ soll Merkel Innenminister Thomas de Maizière (CDU) zu Schäubles Amtsnachfolger machen wollen. Die Zeitung zitierte einen Vertreter des CDU-Präsidiums mit den Worten: „Die Frage ist nicht mehr, ob Wolfgang Schäuble ausgewechselt wird, sondern wann der richtige Zeitpunkt ist.“ Auch andere Medien berichteten, dass ein Umbau des Berliner Kabinetts bevorstehe.
Solche Berichte seien „freie Erfindungen“, versicherte Merkel auch in der ARD und betonte: „Ich habe hier mit Wolfgang Schäuble hervorragend zusammengearbeitet und beabsichtige, das auch weiter zu tun.“ Schäuble selbst sagte zu den Gerüchten im Deutschlandfunk: „Dazu hat ja die Bundeskanzlerin gesagt, das sei frei erfunden.“ Und Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans wollte den Äußerungen der Kanzlerin „nichts, aber auch gar nichts hinzufügen“.
Handelsblatt bleibt bei seiner Darstellung
Trotz dieser Dementis blieb „Handelsblatt“-Chefredakteur Gabor Steingart bei der Darstellung seines Blattes, dass ein Umbau geplant sei und Merkel offenbar die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) nach Berlin holen wolle. „Unsere Quellen sind aus der Spitze der CDU und aus dem Kanzleramt“, sagte Steingart im Deutschlandradio Kultur. Merkel würde das Kabinett gerne verjüngen und „jemanden aus Baden-Württemberg noch in das Kabinett holen“.
Opposition sieht Schäuble angeschlagen
Die Opposition im Bundestag wäre von einer Kabinettsumbildung kaum überrascht. Linke-Chefin Gesine Lötzsch meinte, die Position Schäubles im Kabinett sei „deutlich geschwächt“. Grünen-Haushälter Alexander Bonde sagte, wünschenswert wäre ein „starker“ Bundesfinanzminister, der Schäuble nicht mehr sei. SPD-Haushälter Carsten Schneider fügte hinzu, der vor einem Jahr als Bundesfinanzminister gestartete Schäuble habe „auf allen Gebieten versagt“.
Derweil stellte sich die CDU hinter Schäuble. Die CDU-Führung freue sich, dass Schäuble auf dem Parteitag in Karlsruhe erneut für das Präsidium kandidiere, sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Es gebe keine Hinweise darauf, dass es Unmut über Schäuble an der Parteibasis gebe, fügte Gröhe hinzu.
Schäuble zu Offer-Vorfall: „Ich habe überreagiert“
In den vergangenen Monaten war bereits über einen Rückzug Schäubles spekuliert worden, nachdem dieser sich wiederholt in ärztliche Behandlung hatte begeben müssen und wochenlang ausgefallen war. Vor einigen Tagen hatte der CDU-Politiker eine öffentliche Auseinandersetzung mit seinem inzwischen zurückgetretenen Sprecher Michael Offer. Am Freitag warb Schäuble in dieser Sache erneut um Verständnis: „Ich hatte Grund zur Verärgerung, aber ich habe überreagiert, das ist wahr“, sagte er im Deutschlandfunk zu dem Eklat vor der Presse. Auch ein Bundesfinanzminister habe nur Nerven und sei „manchmal sehr belastet“.
Popularität des Finanzministers sinkt
In Meinungsumfragen rutscht Schäuble derweil weiter ab. Im jüngsten ZDF-Politbarometer kommt der Finanzminister in der Rangliste der wichtigsten Politiker nur noch auf einen Wert von 0,4 (Oktober: 1,0). Befragt danach, wer außer Merkel künftig in der CDU/CSU einen großen Einfluss haben werde, nannten den Angaben zufolge 42 Prozent den CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, 11 Prozent Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, jeweils 7 Prozent Umweltminister Norbert Röttgen und CSU-Chef Horst Seehofer sowie 5 Prozent Finanzminister Wolfgang Schäuble. (dapd)