Washington. .

Für Präsident Obama war dieser Wahltag weit mehr als nur eine Ohrfeige. Amerikas Wähler stellten ihm ein verheerendes Zeugnis mit dem Hinweis „Versetzung gefährdet“ aus. Die schlechte Wirtschaftslage war für neun von zehn Wählern das entscheidende Motiv dafür.

Selbst in der Stunde seines größten Triumphes blieb Marco Rubio nüchtern. „Wir machen einen Fehler, wenn wir glauben, dass die Ergebnisse dieser Nacht eine Umarmung der Republikanischen Partei bedeuten“, sagt der Wahlsieger von Florida. „Sie bedeuten eine zweite Chance für die Republikaner, endlich das zu sein, was sie vor gar nicht so langer Zeit versprachen.“ Die eher mahnenden Worte des 39-jährigen, kubanischstämmigen Rechtsanwalts, der nun als neuer Senator auf den Kapitolshügel ziehen wird, werden noch nachhallen.

Rubio, der mit der Rückendeckung der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung seine beiden Konkurrenten im Sonnenscheinstaat um Längen schlug, hat seiner Partei einen klaren Auftrag erteilt. Der neue Stern am republikanischen Polit-Himmel, der schon jetzt für Höheres gehandelt wird, aber auch der Augenarzt und Marktradikale Rand Paul, der sich in Kentucky durchsetzte, wollen ihre Partei weiter nach rechts drücken und die Zusammenarbeit mit Präsident Barack Obama auf ein Minimum beschränken. Amerika droht nach dieser Wahlschlacht weiterer Stillstand.

Zerrissen sind die Republikaner zwischen Moderaten und Extremen. Aber tief gespalten ist auch das Parlament. Im Repräsentantenhaus, der amerikanischen Länderkammer mit ihren 435 Abgeordneten, haben künftig die Konservativen das Sagen. Über 60 Sitze gewannen sie am Wahl-Dienstag dazu. 39 hätten sie nur gebraucht, um den Demokraten die Mehrheit abzujagen. Im 100-köpfigen Senat hingegen verteidigten die Demokraten, wenn auch knapp, ihre Mehrheit. Viel anfangen können sie damit freilich nicht mehr.

„Versetzung gefährdet“

Für Präsident Obama war dieser Wahltag weit mehr als nur eine Ohrfeige. Amerikas Wähler stellten ihm ein verheerendes Zeugnis mit dem Hinweis „Versetzung gefährdet“ aus. Die schlechte Wirtschaftslage war für neun von zehn Wählern das entscheidende Motiv dafür. Vier von zehn Wählern gaben an, dass sich ihre persönliche Lage in den letzten zwei Jahren verschlechtert habe. „Er wird die Ergebnisse sehr sorgfältig lesen und seine Schlüsse daraus ziehen“, meinte Präsidentenberater David Axelrod einsilbig. War das Wahlergebnis lediglich die Folge schlecht erklärter Politik oder war das schon der endgültige Bruch zwischen dem Präsidenten und seinen Landsleuten, die seine Visionen rundweg ablehnen? Obama, angeschlagen und böse gerupft, muss die richtige Antwort auf diese Frage finden. Sicher ist schon jetzt: Die Zeit großer Entwürfe ist vorbei. „Yes, we can“, der zündende Slogan aus dem Präsidentschaftswahlkampf, ist plötzlich Geschichte.

Doch das Rad in die Vor-Obama-Zeit zurück zu drehen, wird den Konservativen trotz aller Zuwächse nicht gelingen. Dafür fehlt ihnen die Mehrheit im Senat, der kleineren Parlamentskammer. Statt dessen drohen Blockaden.

Eine Wutwelle war am Wahltag in Orkangeschwindigkeit durchs Land gefegt. Mandate, die Obamas Parteifreunde bei den letzten Wahlen zum Repräsentantenhaus noch souverän gewonnen hatten, fielen an die Republikaner. Amerikas politische Landkarte färbte sich rot, in der Farbe der Konservativen, ein.

Trost zumindest fanden die gerupften Demokraten beim Blick in Richtung Westen. In Nevada setzte sich der bisherige demokratische Mehrheitsführer in Washington, Harry Reid, gegen eine Widersacherin durch, die den Segen der Tea Party hatte. Auch im kleinen Delaware verlor die Kandidatin der Rechtspopulisten das Rennen um einen Senatssitz -- für die Tea Party und ihre Ikone Sarah Palin, die sich für das Präsidentschaftsrennen 2012 warm läuft, war das ein herber Rückschlag.

Auch das liberale Kalifornien bleibt eine sichere Bank für die Demokraten. Doch solche Nachrichten waren in dieser schwarzen Nacht für Amerikas arg gerupfte Demokratische Partei nur ein schwacher Trost.