Berlin. .
Sprache, Bildung und Arbeitsmarkt - das sind unter anderem die Themen des vierten Integrationsgipfels. Die Vorschläge sind zahlreich. Kanzlerin Merkel will mit rund 120 Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Migrantenorganisationen diskutieren.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Defizite bei der Integration von in Deutschland lebenden Ausländern beklagt. „Kinder aus Einwandererfamilien brechen doppelt so häufig die Schule ab wie deutsche Kinder, ausländische Jugendliche haben doppelt so oft keine Berufsausbildung. Deshalb gibt es auch unter Migranten weitaus mehr Hartz-IV-Bezieher als unter Deutschen“, sagte Merkel. Am Mittwoch sollte im Berliner Kanzleramt der vierte Integrationsgipfel stattfinden. Zuvor wurden bereits zahlreiche Vorschläge zur Integration von Migranten geäußert.
Schärfere Regeln für Integrationsverweigerer
Merkel plädierte unter anderem für Sanktionen für Migranten, die etwa Integrationskurse verweigerten. „Für Neuzuwanderer sind diese Kurse Pflicht, und wer sie nicht besucht, wird die Konsequenzen tragen müssen, darauf werden wir in Zukunft stärker achten“, sagte sie. Auf Initiative von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte das Bundeskabinett in der vergangenen Woche schärfere Regeln für Ausländer gebilligt, die ihre Aufenthaltserlaubnis verlängern wollen. Die Behörden werden ausdrücklich verpflichtet, zuvor zu prüfen, ob alle erforderlichen Integrationskurse besucht wurden.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), verwies darauf, dass die Sanktionen nicht verschärft worden seien. Die Erfahrung habe aber gezeigt, dass die bestehenden Regelungen oftmals nicht konsequent angewendet würden. Dies gelte es zu ändern. „Gerade im Interesse derjenigen, die sich integrieren wollen, müssen wir nachhaken, wenn jemand das Angebot nicht annimmt“, sagte sie. Zugleich räumte Böhmer ein, dass die Nachfrage nach den Integrationskursen höher sei als das Angebot. „Aber wir werden alles daran setzen, dass diese Wartezeit so kurz wie nur irgendwie möglich ist“, sagte Böhmer.
Schröder will mehr Erzieher mit Migrationshintergrund
Hauptthemen des Gipfels sind Sprache und Bildung, Integration in den Kommunen sowie Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) wollte auf dem Integrationsgipfel einen Gesetzentwurf vorstellen, mit dem die Anerkennung ausländischer Schulabschlüsse verbessert werden soll. Gesprochen werden sollte außerdem über die Sprachförderung in Kindergärten, die individuelle Förderung von Zuwanderer-Kindern in den Schulen sowie die Arbeit in sozialen Brennpunkten.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) will für Kindergärten in sozialen Brennpunkten mehr Zuwanderer als Erzieher gewinnen. „Was wir da brauchen, sind qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher, die sich ausschließlich um Sprachförderung kümmern“, sagte die CDU-Politikerin. Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) kritisierte, „dass die Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache immer noch nicht bundesweit Pflichtstoff bei der Ausbildung von Lehrern und Erzieherinnen ist“.
Die Präsidentin des Deutschen Städtetags, Petra Roth, beklagte Missstände bei der Bildung. „Wenn Kinder ohne ausreichende Sprachkenntnisse in die Schule kommen, Schulabschlüsse nicht gelingen, die Ausbildung scheitert und kein existenzsicherndes Einkommen erzielt wird, läuft etwas in die falsche Richtung“. Genauso entscheidend sei es, dass Zuwanderer eine wirkliche Chance auf dem Arbeitsmarkt bekämen. Für die kommunale Verwaltung böten Zuwanderer und ihre Nachkommen beispielsweise ein großes Potenzial.
Justizministerin fordert Abschiebestopp
Merkel sprach sich unterdessen erneut gegen ein Punktesystem zur Steuerung der Zuwanderung aus. „Der Begriff Punktesystem steht bewusst nicht im Koalitionsvertrag“, sagte sie. Es gehe um transparente Kriterien, die sich an Bedarf, Qualifizierung und Integrationsfähigkeit ausrichten würden. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) werde jetzt ermitteln, in welchen Branchen solche Zuwanderung nötig sei. Insbesondere die FDP dringt auf die Einführung eines Punktesystems.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte einen Abschiebungsstopp für gut integrierte Kinder und Jugendliche. „Wir können nicht ernsthaft über eine gesteuerte Zuwanderung reden und gleichzeitig diejenigen des Landes verweisen, die alle Voraussetzungen für eine gelungene Integration erfüllen“, sagte sie. Kindern sei ein Leben unter einer ständig drohenden Abschiebung nicht zuzumuten. „Eine Änderung des Aufenthaltsrechts ist überfällig“, sagte die FDP-Politikerin. (dapd)