Berlin. .

Kurz vor dem vierten Integrationsgipfel stecken Union und FDP ihre Positionen ab: Hessens Innenminister fordert einen modernen, europäischen Islam. Die FDP-Justizministerin sieht als Schwerpunkt die Reform des Aufenthaltrechts für Kinder.

Unmittelbar vor dem vierten Integrationsgipfel der Bundesregierung hat sich Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) für einen „europäischen Islam des 21. Jahrhunderts“ in Deutschland ausgesprochen, der religiöse Gebote und westliche Werte nicht als Widerspruch sieht. In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ forderte Bouffier, in Deutschland flächendeckend Angebote für Islam-Studiengänge aufzubauen. „In jedem Bundesland sollte es Universitäten geben, an denen modern geprägte islamische Theologen ausgebildet werden.“

Zudem gelte es, die religiöse Unterweisung von jungen Menschen aus den Hinterhöfen verstärkt in die Schulen zu holen. Religion müsse für muslimische Schüler ausnahmslos in deutscher Sprache unterrichtet werden. „Und das von Lehrern, die in Deutschland studiert haben und hier verwurzelt sind“, betonte Bouffier. Auch in Koranschulen sollten in erster Linie in Deutschland ausgebildete Imame unterrichten. „Hier sind die muslimischen Verbände gefordert, Veränderungen in den Moscheegemeinden voranzutreiben.“

Islam-Ausbildung in Deutschland

Der Weg zu einem europäisch geprägten Islam sei nicht von heute auf morgen zu bewältigen. „Der Integrationsgipfel bietet aber die Chance, einen ersten wichtigen Schritt zu gehen“, erklärte der hessische Ministerpräsident.

Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen sowie von Migrantenvereinigungen wollen am Mittwoch über eine bessere Integration von Zuwanderern in Deutschland beraten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ins Berliner Kanzleramt eingeladen.

Ebenfalls im Vorfeld des Treffens forderte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die Abschiebung gut integrierter Kinder und Jugendlicher zu stoppen. „Wir können nicht ernsthaft über eine gesteuerte Zuwanderung reden und gleichzeitig diejenigen des Landes verweisen, die alle Voraussetzungen für eine gelungene Integration erfüllen“, sagte sie. Kindern sei ein Leben unter einer ständig drohenden Abschiebung nicht zuzumuten. „Eine Änderung des Aufenthaltsrechts ist überfällig“.

Gezielte Zuwanderung

Für eine gezielte Zuwanderung und einen Fachkräftepakt zwischen Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften sprach sich CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe aus. „Wir müssen dem bereits spürbaren Fachkräftemangel entschieden entgegenwirken, damit er nicht zu einer Wachstumsbremse wird“, sagte Gröhe. „Dazu ist eine gemeinsame Kraftanstrengung von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Politik notwendig.“ Drei Bereiche seien vorrangig, betonte der CDU-Politiker. „Erstens müssen junge Menschen noch besser qualifiziert werden. Zweitens müssen wir die Erwerbsfähigkeit Älterer weiter steigern. Und wir müssen die Zuwanderung so steuern, dass sie dem Bedarf in den Branchen, den Regionen und der Integrationsfähigkeit der Betroffenen entspricht.“

Mehr ausländische Erzieher

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder will für Kindergärten an sozialen Brennpunkten mehr Zuwanderer als Erzieher gewinnen. „Was wir da brauchen, sind qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher, die sich ausschließlich um Sprachförderung kümmern. Das ist im Übrigen auch eine große Chance für junge Migranten“, sagte die CDU-Politikerin. „Wer hervorragend Türkisch und Deutsch spricht, hat eine Schlüsselqualifikation für diese Aufgabe.“ Für die nächsten vier Jahre könnten bundesweit bis zu 4.000 Kitas zusätzlich je eine Halbtagskraft einstellen, die Kindern unter drei Jahren beim Deutschlernen hilft. Dafür stelle der Bund 400 Millionen Euro bereit.

Auf dem diesjährigen Integrationsgipfel soll der Startschuss gegeben werden für einen Nationalen Aktionsplan, der die Fortschritte im Bereich der Integration leichter überprüfbar machen soll. Beim ersten derartigen Treffen 2006 saßen Migranten erstmals gleichberechtigt am Tisch. Beim zweiten Gipfel wurde ein Nationales Integrationsprogramm mit 400 Selbstverpflichtungen verabschiedet. Der dritte Gipfel formulierte das Ziel, die erschreckend hohe Zahl von rund 13 Prozent Schulabbrechern unter den Migranten zumindest auf die Quote von sechs Prozent wie bei deutschen Schülern zu senken. Dieses Mal ist die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse eines der Hauptthemen. (dapd)