Berlin. .

Die Kultusminister sind gegen eine Deutschpflicht auf Schulhöfen und weisen den Vorschlag zurück, er sei keine Lösung. Die Türkische Gemeinde reagierte erleichtert auf die Positionierung.

Die Kultusminister sind gegen eine Deutschpflicht auf Schulhöfen. Die Länderressortchefs wiesen den Vorschlag am Freitag nach einem Gespräch mit Migrantenverbänden in Berlin klar zurück. Sie stellten sich damit gegen das Plädoyer führender Koalitionspolitiker, darunter der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU). Die Türkische Gemeinde reagierte erleichtert auf die Positionierung.

Angesichts der angeheizten Integrationsdebatte hatten Spitzenpolitiker der Koalition vor wenigen Tagen gefordert, Deutsch auch auf dem Pausenhof als Pflichtsprache einzuführen. Neben Böhmer plädierte auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner für solch eine Vorschrift. Bei Migranten stieß das auf scharfe Kritik.

„Flächendeckende Deutschpflicht nicht denkbar“

Nach einem Gespräch mit mehreren Migrantenverbänden stellte sich die Kultusministerkonferenz (KMK) nun auf die Seite der Kritiker. Der KMK-Präsident, Bayerns Ressortchef Ludwig Spaenle (CSU), sagte zwar, freiwillige Regelungen an einzelnen Schulen könnten „durchaus interessant“ sein. Er könne darin „auch keine Diskriminierung der Muttersprache erkennen“. Eine flächendeckende Deutschpflicht auf dem Pausenhof sei aber nicht denkbar.

Andere Länderkollegen lehnten den Vorschlag einer Deutschpflicht auf Schulhöfen rundweg ab. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) sagte, die Idee sei „in keiner Weise geeignet“, Integrationsprobleme zu lösen. Es sei „traurig“, dass in aller Regelmäßigkeit die gleichen unbrauchbaren Vorschläge wieder auftauchten. Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) bezeichnete den Vorstoß als „nicht hilfreich“. Die Bedeutung des Deutschlernens für die Integration sei zwar unbestritten. „Von oben herab“ zu verbieten, dass Jugendliche auf dem Schulhof ihre Muttersprache sprächen, sei allerdings nicht sinnvoll. Auch die Forderung nach einer Begrenzung des Migrantenanteils in Klassen und Schulen durch eine feste Quote wiesen sie als unsinnig und nicht praktikabel zurück.

„Verbot der Muttersprache nicht hinnehmbar“

Lob kam von der Türkischen Gemeinde in Deutschland. „Es bedurfte eines Signals der KMK“, sagte der Bundesvorsitzende Kenan Kolat der Nachrichtenagentur dapd, „ein Verbot der Muttersprache ist nicht hinnehmbar.“ Dies wäre ein „Signal der Unterwerfung“ und eine „Stigmatisierung“ von Jugendlichen mit ausländischen Wurzeln. „Das ist falsch, das ist fatal“, warnte Kolat, „das würde man in einer deutsch-englischen Schule nie machen.“ Die Forderung von Böhmer und anderen sei ein „Skandal“. Die Kultusminister hätten nun die richtige Antwort auf die „unsägliche Diskussion“ der vergangenen Wochen gegeben.

Kolat forderte ein Umdenken im Umgang mit Mehrsprachigkeit. Bei der Förderung der türkischen oder arabischen Sprache gebe es noch immer Vorbehalte. „Bei Englisch, Französisch und Spanisch gibt es diese Diskussion nicht“, sagte er. Auch der Deutsche Kulturrat forderte, die Muttersprachen von Zuwanderern im Bildungssystem stärker anzuerkennen.

„Mehrsprachigkeit ist kein Problem, sondern eine Chance“

„Mehrsprachigkeit und die Pflege der Muttersprache sind kein Problem, sondern ein Reichtum“, sagte Zöllner. Diesen gelte es zu nutzen. Auch Ahnen betonte, es gebe zwar eine Übereinstimmung, dass die deutsche Sprache der „Schlüssel zur Integration“ sei. Dies stehe aber nicht im Widerspruch zu den Chancen von Mehrsprachigkeit.

Die Kultusminister wollen die sprachlichen Angebote in den Ländern künftig besser koordinieren. Geplant ist eine Erhebung, was die Schulen anbieten und was wie angenommen wird. Mit den Migrantenverbänden wollen sie sich künftig jedes Jahr zusammensetzen. „In den Grundzielen sind wir uns einig“, sagte Kolat. Deutschland habe bei der Integration „kein Erkenntnisproblem“, es hapere lediglich an der Umsetzung. (dapd)