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Das Thema „Integration“ wurde am Mittwochabend bei Frank Plasberg diskutiert. Leider mangelte es den Gästen an kreativen Lösungsansätzen, stattdessen bestimmte die altbekannte Polemik das Gespräch.
Horst Seehofer hat mit seiner Forderung nach einem Zuwanderungsstopp für Menschen aus „anderen Kulturkreisen“ frischen Wind in die Integrationsdebatte gebracht. Nachdem das Thema in Folge der allmählich verblassenden Sarrazin-Äußerungen abzuflauen drohte, setzte es der bayerische Ministerpräsident noch einmal ganz oben auf die politische Agenda. Dass eine verstärkte Auseinandersetzung mit einem bestimmten Problem, aber nicht unbedingt zu dessen Lösung beiträgt, bewiesen am Mittwochabend die Gäste des ARD-Polittalks „hart aber fair“. Schon der von Moderator Frank Plasberg für die Sendung gewählte Titel „Özil hui, Ali pfui – welche Zuwanderer brauchen wir?“ versprach eine polemische Debatte à la Stammtischmentalität.
Und das traf auf weite Teile der Diskussion leider auch zu: CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warnte davor, „die Schleusentore aufzureißen“. Statt den „angeblichen“ Fachkäftemangel zu beklagen, sollte man sich lieber den drei Millionen Arbeitslosen in Deutschland zuwenden. „Qualifizierung vor Zuwanderung“ lautete seine Parole.
Es gebe keine „Integrationsprobleme“
Seinem Parteivorsitzenden Horst Seehofer konnte Dobrindt in Bezug auf die bereits genannten „Kulturkreise“ nur beipflichten. Bei Italienern, Griechen, Spaniern und Polen gebe es keine Integrationsprobleme, sondern nur bei muslimischen Einwanderern. Den Rat seiner Diskussionspartnerin, der US-Journalistin Heather De Lisle, sich ein wenig mehr am Vorbild der USA zu orientieren, wies er brüsk mit dem Satz zurück: „Deutschland ist kein Einwanderungsland. Wir haben eine Leitkultur.“
Nathanael Liminski von der Jungen Union sprang auf den gleichen Zug auf. Die Leute hätten nun mal Angst, wenn irgendwo eine Moschee gebaut würde und Deutsche müssten in der S-Bahn regelmäßig Beleidigungen von ausländischen Mitbürgern über sich ergehen lassen.
Dobrindts Gegenspieler hieß an diesem Abend Klaus Wowereit. Wo der CSU-Politiker zuspitzte, zeichnete der stellvertretende SPD-Vorsitzende ein übertrieben harmonisches Bild von der Wirklichkeit. Die Pfiffe, die viele Türken beim EU-Qualifikationsspiel für Mesut Özil übrig hatten, verglich er mit dem Verhalten deutscher Fans, wenn ein Spieler von einem Verein zum anderen wechsle. Und die von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) angesprochene „Deutschenfeindlichkeit“ tat der Regierende Bürgermeister von Berlin zunächst als ein Problem pubertierender Jugendlicher ab.
In weiten Teilen bestimmte ein Schlagabtausch zwischen Dobrindt und Wowereit, oder auch zwischen München und Berlin, die Talkrunde.
Inspiration von den USA holen
Von den restlichen drei geladenen Gästen schaffte es noch am ehesten die in Berlin lebende US-Amerikanerin Heather De Lisle das Wortgefecht zu unterbrechen. Ob ihre Beiträge die deutsche Integrationsdebatte vorantreiben werden, bleibt allerdings abzuwarten. „In Deutschland darf man nicht konservativ sein“, urteilte die Autorin des Buches „Amiland – Streitschrift für die Weltmacht USA“. Als Beweis für diese Behauptung führte sie sich selbst an. Als sie in ihrem Blog einen konservativen Standpunkt vertreten habe, sei sie als Nazi beschimpft worden. Ansonsten riet die TV-Moderatorin dazu, sich in Sachen Integrationspolitik ein wenig mehr von den USA inspirieren zu lassen. Der Berliner Stadtteil Neukölln müsse nicht länger ein Problemviertel sein, sondern könne sich genau wie das amerikanische Chinatown zu einer echten Touristenattraktion entwickeln.
Der letzte im Bunde: Kenan Kolat machte auf die Gefahr der Unterscheidung in „wir“ und „ihr“ aufmerksam und erinnerte an die Asyl-Debatte von 1992 in deren Folge zahlreiche fremdenfeindliche Verbrechen verübt wurden. „Ich habe wirklich Angst bekommen“, sagte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland mit Bezug auf die Äußerungen von Horst Seehofer. Dann stieg aber auch er in die schon im Titel versprochene Debatte um den Fußballspieler Mesut Özil ein und begründete die Pfiffe beim Länderspiel am vergangenen Freitag folgendermaßen: „Özil wurde von den Deutschen angenommen, ich aber nicht.“ So würden die türkischen Jugendlichen empfinden.
Trotz mehr als einstündiger Diskussion gab es am Ende keine wirklich neuen Erkenntnisse. SPD und CSU schoben sich in gewohnter Manier den Schwarzen Peter zu. Dobrindt und Wowereit gaben vor, in ihrem jeweiligen Bundesland würde bereits jetzt das menschenmöglichste für eine erfolgreiche Integration von Zuwanderern getan. Und im Prinzip sei man damit auch sehr erfolgreich.
Auch wenn es sehr zu begrüßen ist, dass das Thema Integration endlich in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist, sollte man doch darauf achten, dass statt alt bekannter Stammtischparolen echte Lösungsvorschläge diskutiert werden.