Stuttgart. .

Im Vorfeld des Schlichtungsversuchs zu Stuttgart 21 gibt es Streit zwischen den Gegnern und Befürwortern des Bahnprojekts. Ministerpräsident Mappus habe kein Interesse an einer Schlichtung, so SPD und Grüne. Dieser lehnte zuvor einen Baustopp ab.

Befürworter und Gegner des Bahnprojekts „Stuttgart 21“ streiten jetzt auch über die Schlichtung durch den früheren CDU-Generalsekretär Heiner Geißler. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) bezweifelte am Freitag, dass die Grünen überhaupt eine Schlichtung wollen. Der baden-württembergische Grünen-Landtagsfraktionschef Winfried Kretschmann entgegnete, wenn Mappus ohne Wenn und Aber an dem Projekt festhalten wolle, frage er sich, welchen Sinn ernsthafte Gespräche haben sollten. FDP-Generalsekretär Christian Lindner kritisierte den Polizeieinsatz gegen Demonstranten in Stuttgart in der vergangenen Woche.

Grüne seien bereit, mit Geißler zu sprechen

Mappus sagte, die Grünen hätten sich in den Parlamenten nicht gegen „Stuttgart 21“ durchsetzen können und suchten jetzt den Erfolg auf dem Umweg über die Straße. Die Atmosphäre sei aufgeheizt und hektisch. „Manchen, auch manchem bei den Grünen geht es nicht oder nicht nur um den Bahnhof“, sagte Mappus. Ein Stopp des Projekts, bei dem der Stuttgarter Hauptbahnhof für 4,1 Milliarden von einem Kopf- zu einem unterirdischen Durchgangsbahnhof umgebaut werden soll, würde mehr als eine Milliarde Euro kosten. Die gestiegenen Baukosten des Projekts seien dagegen gut angelegt. „Solche Bahnprojekte prägen die Wirtschaft für mehr als hundert Jahre“, sagte Mappus.

Kretschmann sagte, er sei grundsätzlich bereit, mit Geißler zusammenzuarbeiten. Allerdings werde es dazu nicht kommen, wenn Mappus seine Haltung nicht ändere. Die Schlichtung sei kein Kaffeeplausch. Er wolle über die Kostenexplosion und die Leistungsfähigkeit des Projekts sprechen. Kretschmann wies den Vorwurf zurück, die Kritiker des Projekts stellten mit ihrem Protest die Zukunftsfähigkeit Deutschland aufs Spiel. „Diese verstiegene Art der Überhöhung ist doch schlichtweg unsinnig und gefährlich. Es geht um Alternativen, nicht Verweigerung“, sagte er.

Der baden-württembergische SPD-Chef Nils Schmid warf Mappus vor, den Vermittlungsversuch infrage zu stellen. Schmid kritisierte, Mappus untergrabe mit dem „Zurückpfeifen“ des Schlichters Heiner Geißler in der Frage eines Baustopps nicht nur dessen Verhandlungsmöglichkeiten, sondern auch dessen „persönliche Glaubwürdigkeit“. Dies säe erhebliche Zweifel an der „wahren Dialogbereitschaft“ des Ministerpräsidenten. Schmid fügte hinzu: „Wenn Herr Mappus den Stopp ohnehin jetzt nicht notwendiger Bauarbeiten als Friedensangebot verkauft, dann führt er die Menschen schlicht hinters Licht.“ Der SPD-Landeschef forderte erneut einen Vergabe- und Baustopp in Verbindung mit einer verbindlichen Volksabstimmung.

Verwirrung um angeblichen Baustopp

Geißler hatte am Donnerstag mit der Verkündung eines Baustopps für Verwirrung gesorgt. Mappus und Bahnchef Rüdiger Grube widersprachen und sagten, es gebe keinen Baustopp. Allerdings würden im Schlossgarten bis auf Weiteres keine Bäume gefällt und der Südflügel nicht weiter abgerissen. Die Gegner des Projekts hatten jedoch einen Bau- und Vergabestopp zur Bedingung für Gespräche gemacht. Geißler sagte schließlich, es gebe zwar eine „Friedenspflicht“ während der Gespräche, aber keinen generellen Baustopp. Die Schlichtungsgespräche sollten Ende kommender Woche beginnen.

Die Grünen gaben Mappus eine Mitschuld an den Irritationen. Kretschmann sagte: „Augenscheinlich hat Mappus Angst vor der eigenen Courage bekommen.“ Der Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, sagte: „Man könnte meinen, Mappus will die Vermittlung zum Scheitern bringen, bevor sie überhaupt begonnen hat.“ Es sei schon eigentümlich, wie Mappus und Grube den von der Landesregierung vorgeschlagenen Vermittler gleich wieder demontierten.

Lindner sagte, das Vorgehen der Polizei gegen Projektgegner vor einer Woche sei nicht verhältnismäßig gewesen. „Ich finde zur Aufnahme eines Diskussionsprozesses gehört auch, dass man das so klar in Stuttgart benennt, dass ein solcher Vorfall nicht hätte passieren dürfen“, sagte er. (dapd)